In Südengland wagen Landbesitzer ein Renaturierungs-Experiment: Kehrt die Natur zurück, wenn man das Land sich selbst überlässt? Ein fast schon kitschig-schöner Dokumentarfilm.
Rostrote Regenwürmer, die in Nahaufnahme Blätter zum Fressen in den Untergrund ziehen. Dicke, rosafarbene Hausschweine, die wohlig im Boden nach Futter wühlen. Ein Pärchen Zwergmäuse, das sich ein kugeliges Nest aus Schilfblättern flicht. Es sind Bilder von faszinierender Schönheit und malerischer Eleganz, die sich durch diesen Dokumentarfilm ziehen.
In Episoden erzählt „Wildes Land – Die Rückkehr der Natur“ von einer Verwandlung, die sich über Jahrzehnte hinzieht und zu einer unerwarteten Erfolgsgeschichte wird. Der Film (ab sofort im Kino) basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Isabella Tree und erzählt die Geschichte des jungen Paares Isabella Tree und Charlie Burrell, die in den 1980er-Jahren das Landgut Knepp in Südengland erben – ein heruntergekommenes, 400 Jahre altes Anwesen.
Kurz von der Jahrtausendwende müssen sie den Tatsachen ins Auge sehen: Der Milch- und Ackerbaubetrieb ist nicht profitabel und sie haben 1,5 Millionen Pfund Schulden. Das Land liegt brach, der Boden besteht nur noch aus unfruchtbarer Erde, und wie überall im Land verschwinden immer mehr Tier- und Pflanzenarten, die einst dort heimisch waren.
Da wagen Isabelle und Charlie etwas Neues: Statt wie bisher das Land mit großen Maschinen, Kunstdünger und Unkrautvernichter zu beackern, überlassen sie es sich selbst. So beginnt eines der ambitioniertesten Renaturierungsprojekte in Europa. Die beiden reißen Zäune ein, lassen das Land verwildern und siedeln dort einen bunten Mix aus domestizierten und wilden Tieren an.
Renaturierung: Innerhalb weniger Jahre kehren verlorene Arten zurück
Nicht alles gelingt auf Anhieb, und viele der Nachbarn sind anfänglich gar nicht begeistert von dem, was Isabelle und Charlie tun. Denn ihr Projekt bricht mit vielen jahrhundertealten Traditionen und scheint sinnlos und unwirtschaftlich. Doch siehe da, die Natur kehrt zurück und mit ihr seltene Arten wie die Nachtigall, der Große Schillerfalter und die Turteltaube. Der Boden erholt sich und ist wieder voller Leben. Und mit dem Anstieg der Biodiversität steigt auch das Interesse und das Verständnis der zuvor skeptischen Nachbarn.
Die Geschichte von der Rückkehr der Natur im Südwesten Englands ist fast zu schön, um wahr zu sein. Aber sie macht Mut, dass Veränderung auch gegen Widerstände möglich und nötig ist. Neben den fast schon kitschigen Aufnahmen von Tieren und Pflanzen besticht „Wildes Land“ durch exzellent recherchierte und fundiert erklärte wissenschaftliche Hintergründe. Der Dokumentarfilm verdeutlicht, wie eng geknüpft die Netze der Natur sind, wie der Mensch sie vielerorts zerstört hat und wie sie sich wiederherstellen lassen. Beim Zuschauer bleibt unweigerlich ein wohliges Gefühl im Magen zurück: Als könnte die Welt doch so heile sein wie in einem Rosamunde-Pilcher-Roman.