Kreuzfahrtschiffbauer: Bund rettet Meyer Werft und hält militärische Nutzung für möglich

Der Bund stimmt dem Einstieg bei der angeschlagenen Meyer Werft zu. Die Regierung erachtet den Schiffbauer offenbar auch aus militär-strategischen Gründen für sinnvoll.

Disclaimer CapitalDer Haushaltsausschuss des Bundestags hat den Weg frei gemacht für die milliardenschwere Rettung der Meyer Werft. Er sprach sich dafür aus, dass sich der Bund mit den geplanten 200 Millionen Euro an der Stabilisierung beteiligen darf. Nun muss noch das Land Niedersachsen einem Einstieg zustimmen, um das Papenburger Unternehmen aus seiner existenzbedrohenden Finanzkrise zu retten. 

Meyer baut Kreuzfahrtschiffe

Die Werft ist vor allem für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannt. Die Bundesregierung erkennt jedoch offenbar auch eine mögliche militärische Nutzung und ist unter anderem deshalb zu der Rettungsaktion bereit. So könnte „die Meyer Werft bei einer Verschärfung der geopolitischen Lage potenziell eine bedeutende Rolle im deutschen militärischen Schiffbau einnehmen“, zitiert das „Handelsblatt“ aus einem als „Verschlusssache eingestuften Bericht des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestags. 

22: Scholz sichert Meyer Werft Hilfe zu  Rettungsplan muss noch genehmigt werden – c845edd8864203e5

„Mir erscheint das eine Adhoc-Begründung zu sein“, sagt Max Johns, Professor für Maritimes Management an der Hamburg School of Business Administration, zu Capital. Schließlich habe man mit Thyssenkrupp Marine Systems und der Lürssen Werft eine Reihe rein kommerzieller Werften in Deutschland, die im Militärschiffbau etabliert sind. „Ich halte es für gewagt, eine Werft vorzuhalten mit der sehr diffusen Vorstellung, da könnte es irgendwann mal etwas geben.“ Aus seiner Sicht sei die Politik nach der Rettungszusage nun „nachträglich auf der Suche nach Gründen“.

Meyer Werft könnte für militärischen Schiffbau nützlich werden

Bisher hatte die Bundesregierung vor allem die große Bedeutung der Meyer Werft für die deutsche Schifffahrtsindustrie als Grund für den Einstieg genannt und die Sicherung tausender Arbeitsplätze betont.Indem wir die Werft nun zeitlich befristet finanziell stabilisieren, sichern wir die Zukunft der Werft und tausender Arbeitsplätze ab“, sagte SPD-Haushälter Dennis Rohde. Die Meyer Werft sei wichtiger Motor für die maritime Wirtschaft und Arbeitgeber für rund 3500 Mitarbeiter sowie weit über 10.000 Beschäftigte in der Zulieferindustrie. Bund und Land trügen nun gemeinsam Verantwortung dafür, das Unternehmen aus der finanziellen Schieflage zu holen. 

Der Bericht des Finanzministeriums zeigt die geostrategischen Erwägungen: So könne die Werft für die Marine und den militärischen Schiffbau genutzt werden. Es bestehe eine Beteiligung am Neubauprojekt des Marinebetriebsstoffversorgers Klasse 707, der zusammen mit der Werftengruppe Naval Vessels Lürssen gefertigt werde, berichtet das „Handelsblatt“ aus dem Papier. Die Werft solle außerdem eine Kaianlage auf dem Südgelände des Marinearsenals Warnowwerft neu bauen, die auch von der benachbarten Neptun Werft, der Bundeswehr und der Nato genutzt werden könne.

Grund für die Krise: Managementfehler

Aus Sicht von Schifffahrtsexperte Johns wäre ein Einsatz als Marineschiffbauer für die Meyer Werft aber ein großer strategischer Richtungswechsel. So ein Schwenk bedürfe einer Diskussion, auch weil Steuergelder eingesetzt würden, sagt John. Doch für die habe man jetzt keine Zeit gehabt.

Scholz Werft 13.36

Hintergrund der Krise der Meyer Werft sind nicht mangelnde Aufträge, sondern Managementfehler. „So ein maritimes Unternehmen kann ja in Schwierigkeiten geraten, weil es schlecht arbeitet oder keine guten Produkte macht“, sagte Johns schon kürzlich Capital. „In diesem Fall ist einer der wichtigsten Gründe für die Krise aber ein Managementfehler: Die Verträge über die Schiffe enthalten keine Gleitklauseln, etwa für Materialkosten.“ Verträge für neue Schiffe, die noch vor der Coronapandemie geschlossen wurden, sehen also keine Anpassung vor an die seither stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. In der Branche ist es außerdem üblich, dass 80 Prozent der Baukosten erst bei Ablieferung des Schiffes beglichen werden – die Werft muss den Bau also mit Krediten zwischenfinanzieren.

Bis Ende 2027 muss die Meyer Weft daher fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen, um die Produktion neuer Schiffe zu finanzieren. Bis zum 15. September müssen die Vereinbarungen dazu stehen. Der Bund und das Land Niedersachsen wollen 80 Prozent der Werft in gleichen Anteilen übernehmen und dafür insgesamt 2,6 Miliarden Euro bereitstellen. Darunter fallen auch Bürgschaften von jeweils rund einer Milliarde Euro, um Kredite abzusichern. Der Bund rechnet damit, dass die Werft selbst bei Umsetzung des Sanierungsplans in den Jahren 2025 und 2026 noch Verluste einfahren wird.

Ausstiegsszenarien? Unbekannt!

„Wenn Arbeitsplätze erhalten werden und das Geld auch wieder rausgeholt werden kann, dann ist das eine sinnvolle Überbrückung“, sagt Johns zum Einstieg des Staates. „Aber wie konkret der Bund dieses Ziel verfolgt wie die Ausstiegsszenarien aussehen, ist mir im Moment nicht klar.“ Zu den Ausstiegsszenarien hätte sich der Haushaltsausschuss positionieren müssen, nun habe man aber den einfachen Weg gewählt und das Problem auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl verschoben.

Sowohl aus Berlin als auch aus Hannover heißt es, dass die Werft nicht auf Dauer in öffentlicher Hand bleiben solle. Ein fixes Ausstiegsdatum für die Staatsbeteiligung gibt es aber nicht.