Brückeneinsturz in Dresden: „Dass der Zustand der Brücke so schlimm ist, war nicht vorhersehbar“

Die Carolabrücke ist eine von vier Elbüberquerungen in Dresden. Teile des Gemäuers wurden vor Jahren saniert – ein maroder Rest brach nun ein. Wie konnte das passieren?

Die Carolabrücke ist eine der wichtigen Verkehrsadern in Dresden Innenstadt, eine von Brücken über die Elbe. Nun sind mitten in der Nacht Teile des Bauwerks eingestürzt und es wird deutlich: Die Stadt ist nur knapp einer Katastrophe entgangen. Denn täglich fuhren unzählige Autos, Straßenbahnen und Radfahrer über die Elbbrücke. Auch Fußgänger waren dort unterwegs.

Und doch hat es nach bisherigem Kenntnisstand keine Verletzten oder gar Tote gegeben. Die Polizei geht bislang von einem Unglück aus, hat nach eigenen Angaben keine Hinweise auf Fremdeinwirkung.

Nur 18 Minuten vor dem Teileinsturz hatte die letzte Straßenbahn die Carolabrücke passiert, berichten die Dresdner Verkehrsbetriebe. Somit seien Fahrgäste und Fahrzeuge nicht zu Schaden gekommen. Auf der Brücke sind die Linien 3 und 7 unterwegs – auch nachts.

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Nun sind die Brücke und umliegende Straßen gesperrt. Betroffen sind laut Lagezentrum der Fußgänger- und Radweg sowie die Straßenbahngleise. Nach Angaben der Feuerwehr Dresden geht es um eine Länge von 100 Metern. Laut Feuerwehr hat sich am Brückenkopf auf der Seite der Altstadt ein Spalt von einem Meter Länge gebildet.

Offenbar war die Carolabrücke in Dresden marode

Wie es dazu kam, dass sich Teile der Brücke lösten, ist bislang nicht ganz klar. Ein Ingenieur vermutet eine Korrosion als Ursache. „Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt“, sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden. An der Stelle, wo das Brückenteil in der Nacht einbrach, habe ein Mast der Verkehrsbetriebe gestanden. Es sei denkbar, „dass an der Stelle massiv die Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu einer Korrosion der Bewehrung geführt haben.“

Bei der Carolabrücke handelt es sich um eine Spannbetonbrücke, die aus drei Zügen besteht. Andere Teile der Brücke waren erst im März 2024 nach einer monatelangen Sanierung für den Verkehr freigegeben worden. Die Sanierung des mittleren Brückenzuges wurde mit dem Einbau der Geländer Anfang Juni 2024 vollständig abgeschlossen. Die Baukosten betrugen rund 4,1 Millionen Euro. Am dritten Brückenzug, dem östlichen, wurde die Sanierung bereits im Juni 2021 fertiggestellt.

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Der jetzt eingestürzte dritte Teil hätte kommendes Jahr saniert werden sollen. „Dass der Zustand im Brückenzug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, war nicht vorhersehbar“, sagt Abteilungsleiter Brückenbauwerke Holger Kalbe. „Man steckt in so einem Bauwerk halt nicht drin“. Nun gelte es, eine Gefahr für die beiden anderen Brückenteile auszuschließen. Dafür werde eine Zustandsanalyse durchgeführt.

Die Feuerwehr warnt derweil vor einer akuten Einsturzgefahr. „Wir rechnen damit, dass weitere Teile der Brücke einstürzen könnten“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Morgen vor Ort. Er rief die Menschen auf, der Brücke fernzubleiben. „Es besteht Lebensgefahr“ auf und an der Brücke. Derzeit sei eine Drohnenstaffel im Einsatz, um das Ausmaß der Schäden zu erkunden.

Chaos im Berufsverkehr erwartet

Am frühen Morgen war es in dem Bereich noch relativ ruhig. Im Berufsverkehr ist jedoch mit deutlichen Behinderungen zu rechnen, Straßenbahnen werden umgeleitet, ebenso der Autoverkehr. Die Bundeswasserstraße ist gesperrt, wie die Polizei mitteilte, ebenso der Elbradweg und das Terrassenufer.

Bei dem Brückeneinsturz wurden zudem zwei Fernwärmeleitungen beschädigt. Am Brückenkopf störmt heißes Wasser aus. Dabei wurden Teile des Terrassenufers komplett unter Wasser gestellt. Die gesamte Versorgung der Stadt Dresden mit warmem Wasser sei unterbrochen, sagte ein Feuerwehrsprecher in einem Video, das die Behörde über soziale Medien verbreitete. Es sei damit zu rechnen, dass dies den ganzen Mittwoch andauere.

Brücke Kontrollen Deutschland_6Uhr

Die gut 30 Meter breite heutige Carolabrücke, benannt nach der Ehefrau des sächsischen Königs Albert, Carola von Wasa-Holstein-Gottorp, wurde im Jahr 1971 fertiggestellt. Über sie verlaufen vierspurig die Bundesstraße 170 und baulich getrennt die Straßenbahnschienen. Im Fluss wird sie von einem Pfeiler gestützt.

Hinweis: Dieser Beitrag wird laufend aktualisiert.