Die schwächelnden Grünen schwören sich auf die Endphase des Wahlkampfs ein. Sie sehen sich als einzige echte Alternative für Populisten. In der Asylpolitik stellen sie sich gegen den Regierungschef.
Die brandenburgischen Grünen gehen mit scharfen Angriffen gegen den Ministerpräsidenten in die Endphase des Wahlkampfes bis zur Landtagswahl. Die Partei warf SPD-Regierungschef Dietmar Woidke eine Stärkung von Rechtsaußen-Positionen vor. Die Grünen schwächeln derzeit in den Umfragen und spüren viel Gegenwind.
Bei ihrem Kleinen Parteitag in Potsdam mit rund 70 Delegierten betonten die beiden Spitzenkandidaten Benjamin Raschke und Antje Töpfer, die Partei biete eine klare Alternative zu Rechtsextremen und Populisten und werde für eine stabile Landesregierung gebraucht. Außenministerin Annalena Baerbock, die in Potsdam wohnt, kritisierte Woidke und stellte infrage, ob die SPD in Brandenburg weiterhin für eine volle Solidarität mit der Ukraine eintrete.
Raschke: Regierungschef vertritt Positionen von Rechtsaußen
Spitzenkandidat Raschke kritisierte: „Die SPD ist kein Bollwerk mehr gegen die AfD.“ Der Ministerpräsident wechsle in der Asylpolitik „im Minutentakt rüber zu Positionen von Rechtsaußen“. „Der Kompass der SPD ist nach Solingen völlig verrutscht.“ Raschke nahm Bezug auf die Konferenz des Ministerpräsidenten mit Landräten und Oberbürgermeistern am Freitag, bei der als Folge des Anschlags von Solingen eine härtere Asylpraxis vereinbart wurde. Ende August starben in Solingen bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag drei Menschen. Raschke sagte: „Wir alle wissen, dass Bildungsarbeit, Prävention und Jugendarbeit hilft gegen Terrorismus.“
Abschiebungen von Migranten sollen in Brandenburg nach der Landräte-Konferenz mit Woidke künftig besser durchgesetzt und ein Untertauchen von Flüchtlingen verhindert werden. Wer sich vor den Behörden versteckt, obwohl er ausreisen müsste, soll zur Fahndung ausgeschrieben werden. Geplant werden auch Ausreisezentren in Brandenburg.
Partei: Grüne für Regierung ohne Populisten nötig
Auch die Grünen-Landesvorsitzende Hanna Große Holtrup kritisierte, SPD und CDU liefen den Parolen der AfD hinterher. Diese Parteien übertrumpften sich mit Forderungen für Abschiebungen, Grenzkontrollen und einem Knast für Geflüchtete. Eine demokratische Regierung ohne Populisten sei nur mit den Grünen möglich, rief sie den Delegierten zu.
Co-Spitzenkandidat Raschke sagte: „Wenn die Grünen nicht im Parlament vertreten sind, könnte das Land von SPD, CDU und den Putin-Freunden der BSW regiert werden, während Rechtsextremisten als einzige Oppositionspartei die Regierung noch weiter nach rechts treiben und mit einer Sperrminorität jede Entwicklung blockieren.“ Töpfer, die zweite Spitzenkandidatin der Grünen, sagte: „Wir polarisieren nicht, wir halten zusammen und gestalten die Demokratie.“
Die Grünen, die mit Raschke und Töpfer als Spitzenkandidaten um Wählerstimmen kämpfen, kommen nach einer aktuellen Umfrage mit fünf Prozent der Stimmen nur knapp wieder in den Landtag. Derzeit regieren die Grünen gemeinsam mit SPD und CDU in Brandenburg. Die Partei argumentierte, nur mit den Grünen komme der Klimaschutz voran. Sie wollen sich auch für bezahlbaren Wohnraum, den Erhalt aller Gesundheitsstandorte und eine bessere Förderung von Kindern einsetzen.
Baerbock: Wen soll Bundeskanzler in Brandenburg wählen?
Außenministerin Baerbock warf Woidke vor, beim Thema Ukraine die Position der SPD zu verwässern. Sie habe sich auch als Bürgerin Brandenburgs auf sein Wort verlassen, dass seine Solidarität mit der Ukraine ungebrochen bleibe, sagte sie. Dann höre sie aber plötzlich die Frage, ob es sein könne, dass die SPD, aus der der Ministerpräsident komme, eine Frage im Wahl-O-Mat zur Haltung zur militärischen Ukraine-Unterstützung mit „neutral“ beantworte. Baerbock sagte weiter: „Auch ich mache mir etwas Sorgen um meinen Bundeskanzler. Wen soll der denn am 22. September eigentlich in Brandenburg wählen? Wenn sich Dietmar Woidke bis zur Wahl nicht berappelt, dann hat er ja nur eine Wahl, Bündnis 90/Die Grünen.“ Baerbock und der Kanzler wohnen beide in Potsdam.
Im Wahl-O-Mat der Landeszentrale für politische Bildung hatte die SPD beim abgefragten Thema „Brandenburg soll sich dafür einsetzen, dass Deutschland weiterhin Waffen an die Ukraine liefert“ mit „neutral“ geantwortet. Der Wahl-O-Mat soll eine Orientierung für die anstehende Landtagswahl am 22. September liefern.