Die Schalenbauten des Architekten Ulrich Müther aus Zeiten der DDR sind berühmt. Doch während die markanten Gebäude andernorts renoviert werden, herrscht in Schwerin Stillstand.
Sie sind ein Blickfang für Betrachter: Die Gebäude mit doppelt gekrümmten Beton-Schalentragwerken. Sie stehen zum Beispiel in Rostock, Magdeburg und Schwerin, am bekanntesten ist vermutlich der „Teepott“ in Warnemünde. Diese hyperbolischen Paraboloidschalen – kurz Hyparschalen – haben Ulrich Müther zu DDR-Zeiten berühmt gemacht. Der 2007 gestorbene Architekt wäre in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden.
Dieser runde Geburtstag wäre ein guter Anlass, auch seine Hyparschale in Schwerin gebührend zu würdigen und der Öffentlichkeit zu präsentieren – zum Beispiel am „Tag des offenen Denkmals„, der an diesem Sonntag stattfindet. Doch der Besitzer und die Stadt sind uneins.
1972 war das Restaurant „Panorama“ in den neuen Müther-Bau in der Schweriner Weststadt eingezogen. Nach der Wende beherbergte die Hyparschale von 1993 an ein China-Restaurant, doch 2015 war Schluss.
Galerist kaufte Gebäude vor sieben Jahren
Vor sieben Jahren kaufte der Galerist Stephan Schrör das Gebäude, ein gebürtiger Schweriner. „Es war unser erklärtes Ziel, hier alles möglichst original zu erhalten. Wir hatten vor, im Haus unsere Galerie zu betreiben. Der schöne Müther-Bau wäre so für alle zugänglich gewesen“, sagt Schrör jetzt. „Leider behandelt uns Stadt und Denkmalschutz sehr stiefmütterlich.“ Deshalb, so Schrör, begehe er in der Hyparschale Schwerin jetzt den „Tag des geschlossenen Denkmals“.
Für die Landeshauptstadt Schwerin und ihre Denkmalschutzbehörde habe die Sanierung dieses Gebäudes eine „hohe Priorität, da die Hyparschalen-Bauten von Ulrich Müther national und international als herausragendes Beispiel der Architektur-Moderne in der DDR gelten“, sagt ihrerseits die Sprecherin der Stadt, Michaela Christen.
Stadt: Sanierungsgenehmigung schon Ende 2022 erteilt
Aus den Erfahrungen, die die Landesdenkmalbehörde mit anderen Müther-Bauten in Mecklenburg-Vorpommern gesammelt habe, könne geschöpft werden. Dies sei dem beauftragten Planungsbüro und auch dem Besitzer des Denkmals angeboten worden, sagt Christen. „Die Denkmalschutzbehörde der Stadt hat bereits Ende 2022 die Genehmigung für die Sanierung des Gebäudes erteilt.“
Den Vorwurf Schrörs, Stadt und Denkmalschutzamt seien für den Stillstand verantwortlich, weise man „entschieden zurück“, sagt Sprecherin Michaela Christen. Die Entscheidungshoheit über den Bauablauf liege beim Denkmaleigentümer mit den von ihm beauftragten Planern und Fachfirmen. „Er ist in der Bringepflicht und hat die Auflagenerfüllung innerhalb einer Genehmigung zu sichern“, so Christen.
Unstimmigkeiten über Weg der Sanierung
Nach der Baugenehmigung würden normalerweise Feinabstimmungen darüber folgen, wie die Denkmalschutzauflagen vom Bauherren konkret erfüllt werden, sagt die Stadtsprecherin. Doch auch nach einem Gespräch Schrörs mit dem Oberbürgermeister bestünden die Unstimmigkeiten fort. So wolle der Eigentümer beispielsweise die Fenster des Gebäudes nicht sanieren, sondern durch neue Fenster ersetzen. Das stehe aber im Widerspruch zur denkmalpflegerischen Zielstellung, so Christen.
Schrör habe mitgeteilt, dass er in dem Gebäude keine Galerie mehr eröffnen möchte und auch keine öffentlichen Veranstaltungen durchführen will, aber die Sanierung der Hyparschale noch abschließen wolle, sagt Michaela Christen.
Besitzer: Mir wurden viele Steine in den Weg gelegt
„Das ist ein tolles Haus und es hat Beachtung verdient“, sagt Schrör. Wenn er nichts am Gebäude gemacht hätte, wäre es verfallen. Der Galerist und Besitzer schildert die Situation ganz anders als die Stadt. Ihm seien zu viele Steine in den Weg gelegt worden. „Die Stadtverwaltung erklärt immer, wie wichtig das Gebäude ist und dass der Baufortschritt absolute Priorität habe. Aber die Verantwortliche vom Denkmalschutz war in den sieben Jahren nur einmal vor Ort“, sagt Schrör.
Und: Der angrenzende Grünstreifen zu einer Haupteinfallstraße sei Eigentum der Stadt. Dort sei seit 30 Jahren keinerlei Grünpflege betrieben worden. „Dies und viele andere Punkte lassen an der Aussage betreffs Priorität zweifeln“, so Schrör.
Ob und wann der schöne Müther-Bau seine Türen jemals wieder für Besucher öffnet, steht in den Sternen.