Seit Jahren fährt die Mainzer Universitätsmedizin Verluste ein. Ein Teil der Schulden wird nun vom Land übernommen, Minister Hoch erklärt warum. Auch die Krankenhausgesellschaft äußert Wünsche.
Der rheinland-pfälzische Gesundheits- und Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) sieht die umfangreichen finanziellen Hilfen des Landes für die hochdefizitäre Universitätsmedizin Mainz als einen gigantischen Kraftakt. Mit der für das kommende Jahr geplanten Teilentschuldung in Höhe von 400 Millionen Euro solle dem neuen Vorstand der Unimedizin Rückenwind beschert werden, sagte Hoch in Mainz. „Die Unimedizin braucht Luft zum Atmen.“
Er gehe davon aus, dass der Vorstand bis Ende dieses Jahres ein belastbares Konzept vorlegen werde, damit in fünf Jahren operativ eine schwarze Null geschrieben werde, es also keinen Fehlbetrag am Jahresende mehr gibt. Mit der aktuellen Verschuldung und der damit zusammenhängenden Zinslast, die ungefähr doppelt so hoch ist wie der Betrag der Teilentschuldung, wäre dieser Weg nicht gangbar, sagte der Minister.
Vorstand soll bis Jahresende Konzept vorlegen
Da in den kommenden Jahren bis zum Erreichen der schwarzen Null zunächst noch weitere Millionenverluste dazukommen werden, soll trotz der im Doppelhaushalt des Landes für 2025/26 vorgesehenen Teilentschuldung der Unimedizin deren vom Land gewährter Kreditrahmen wie geplant um 150 Millionen auf dann 900 Millionen Euro erhöht werden.
Neben der Teilentschuldung wird das Land seine Zuwendungen für Forschung und Lehre für die Unimedizin von 91,4 Millionen Euro im laufenden auf 103,3 Millionen im kommenden sowie 106,0 Millionen im übernächsten Jahr erhöhen. Vorgesehen ist im Doppelhaushalt des Landes auch die Einrichtung eines Sondervermögens mit Blick auf den geplanten umfassenden Umbau der Unimedizin, für den einem rund zwei Jahre alten Gutachten zufolge bis 2038 insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro an Kosten kalkuliert sind.
Sondervermögen für den Baumasterplan
Mit dem Sondervermögen solle der sogenannte Baumasterplan haushaltsrechtlich abgesichert werden, erklärte Hoch. In den kommenden zwei Jahren werden dem Ministerium zufolge jeweils 51 Millionen Euro in dieses Sondervermögen gesteckt, hinzu kommen rund 150 Millionen Euro, die die Unimedizin in den vergangenen Jahren für Bauvorhaben hätte ausgegeben können, dies aber nicht getan hat.
Damit wird das Sondervermögen 2026 letztlich 252 Millionen Euro umfassen, in den Jahren darauf wird es noch kräftig ausgebaut werden müssen, um irgendwann die Gesamtkosten für den Umbau von letztlich wegen steigender Baukosten vermutlich noch mehr als 2,2 Milliarden Euro tragen zu können. „Es wird eine Anstrengung für die nächsten Jahre werden“, sagte Hoch. Möglicherweise könnten künftige Haushaltsüberschüsse, so sie anfallen, in das Sondervermögen gesteckt werden.
Auch andere Kliniken in schwieriger Finanzlage
Neben der Unimedizin, die unter anderem unter ihrer alten Gebäudestruktur leidet, geht es anderen Klinken im Land finanziell schlecht. Angesichts dessen wünscht sich die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz an bestimmten Stellen vom Land mehr Unterstützung. Man könne etwa darüber nachdenken, ob über die Landesbank die Möglichkeit geschaffen werde, Kredite für in Not geratene, für die Versorgung der Menschen aber notwendige Häuser abzusichern, sagte Geschäftsführer Andreas Wermter der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Andere Bundesländer wie etwa Thüringen oder Brandenburg hätten solche Programme aufgelegt. „Unser Land ist da sehr zurückhaltend.“
Grundsätzlich stünden viele Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz, aber auch in ganz Deutschland vor dem Problem, dass die Erlöse seit 2022 nicht mehr die deutlich gestiegenen Kosten deckten. In den vergangenen Jahren seien sowohl die Personal- als auch die Sachkosten enorm nach oben gegangen. „Die Preise für medizinische Leistungen sind aber gedeckelt und können nicht frei gestaltet werden, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie“, sagte Wermter.
Fast zwei Drittel der Kliniken im Land erwarten Verluste
Hinzu kommen ihm zufolge Probleme bei der Belegung im stationären Bereich, dem Kerngeschäft der Häuser. Hier gebe es seit 2019 Rückgänge. Viele Menschen entschieden sich für eine ambulante Versorgung und einzelne Stationen in Kliniken könnten wegen Personalmangels nicht voll ausgelastet werden. Angesichts all dieser Schwierigkeiten erwarten nach Angaben Wermters fast zwei Drittel der Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz 2024 einen Fehlbetrag.
Die Krankenhausgesellschaft fordert von der Bundespolitik eine rückwirkend ab 2022 geltende mindestens vierprozentige Erhöhung der Landesbasisfallwerte, einer wichtigen Grundlage der Preise von Krankenhausleistungen. Die im Zuge der Krankenhausreform angedachte Erhöhung komme zu spät und könne die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre auch nicht ausgleichen, sagte Wermter. Es brauche ein Vorschaltgesetz zur Reform. Hier müsse von Länderseite noch mehr Druck auf den Bund ausgeübt werden. Er hoffe auch auf den Einfluss des neuen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD).
Klar ist, diese Betriebsmittelfinanzierung ist Bundes- und nicht Landessache. Dennoch sieht Wermter noch einen weiteren Ansatzpunkt auf Landesebene, konkret bei der Finanzierung von Investitionen. Hier verlange das Land nach wie vor bei den Fördermitteln eine Eigenbeteiligung des jeweiligen Krankenhauses in Höhe von mindestens zehn Prozent. Genau die könnten zahlreiche Häuser wegen ihrer Finanznot aber nicht mehr aufbringen, Folge sei ein grassierender Investitionsstau.