Alternde Gesellschaft: 675 Euro für ein Blinddate: Wie Korea die Single-Krise bekämpft

In Korea bricht die Geburtenrate immer weiter ein. Einer der Gründe: Singlesein liegt im Trend. Ein Single-Festival soll das nun ändern – und verspricht sogar Geld fürs Daten.

Schöne Menschen, tolle Serien, gutes Essen und natürlich K-Pop: Südkorea ist voll im Trend. Dabei hat das ostasiatische Land selbst zu kämpfen: Die Gesellschaft altert, die Jungen bekommen viel zu wenige Kinder. Mit einem Single-Festival will die Stadt Busan den Trend zum Alleinesein nun umkehren. Und setzt dabei sogar auf Geld.

Mit einem riesigen Blinddate-Event will der Stadtteil Saha im Oktober die Romantik zurück nach Busan holen. Gerichtet ist das Event an Menschen zwischen 23 und 43, die in dem Distrikt leben und arbeiten, verkündete die Behörde im Juni. Explizit sind auch Ausländer eingeladen, sich als Datewillige anzumelden. Wer dabei sein Glück findet, kann richtig absahnen.

Single-Event: Geld fürs Daten

Denn die Belohnungen sind gestaffelt. Wer sich nach dem Date auf eine Beziehung einlässt, erhält vom Staat eine Million Won – etwa 675 Euro. Kommt es zum „sang-gyeon-rye“ – einem typischerweise vor der Hochzeit veranstalteten Treffen der Familien – kommen noch einmal zwei Millionen Won dazu. Und wird sogar geheiratet, legt die Stadt noch einmal 20 Millionen Won drauf. Insgesamt kann ein Paar also knapp 15.000 Euro Belohnung für eine „erfolgreiche“ Teilnahme an dem Event abstauben. Eine Beteiligung an den Wohnkosten für fünf Jahre gibt es noch zusätzlich.

Alle Details sind aber noch nicht bekannt. Die Teilnehmer müssen sich explizit bewerben. Sollte die Date-Parade ein Erfolg sein, könne sich die Stadt eine jährliche Wiederholung vorstellen, heißt es.

Korea kämpft mit einer schrumpfenden Bevölkerung

Mit der innovativen Initiative ist Busan nicht alleine. Im ganzen Land versuchen die Behörden, der sinkenden Bevölkerungszahlen Herr zu werden. Vor allem die drastisch abstürzenden Geburtszahlen sind ein Problem. Bekam eine südkoreanische Frau im Jahr 1970 durchschnittlich noch 4,5 Kinder, waren es 1980 schon nur noch zwei – mit weiter stark sinkender Tendenz. 2018 sank der Schnitt erstmals auf unter ein Kind pro Frau, im letzten Jahr waren es gar nur noch 0,7 Kinder. Eine der niedrigsten der Welt.

Der Rückgang hat mehrere Ursachen. Das Wohnen wird immer teurer, die Kosten für die Bildung der Kinder sind explodiert. Mütter hätten oft Hemmungen, ein zweites Kind zu bekommen. Einen größeren Effekt dürfte aber der Trend zum Singlesein haben. Sich bewusst gegen die Ehe zu entscheiden, ist so verbreitet, dass es dafür mittlerweile einen eigenen Begriff gibt: Bihon. Und die Bihon werden immer mehr.STERN PAID Interview Singleberater Thiel 15.26

Singlesein als Bewegung

Mehr als 50 Prozent der Männer in den Dreißigern sind in Südkorea mittlerweile Single, schaut man auf beide Geschlechter, sind es 42,5 Prozent – ein Anstieg um 13,3 Prozent in den letzten zehn Jahren, wie „Nikkei Asia“ berichtet. Nur noch 17,6 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage gaben letztes Jahr an, die Ehe als ein „Muss“ in ihrem Leben zu betrachten. Als Gründe wurden in einer Befragung die gestiegenen Kosten, aber auch die Belastung des Elternseins genannt. 

Die Reaktion der Wirtschaft könnte die Krise noch befeuern. Um die freiwilligen Singles nicht schlechter zu stellen, bieten große Arbeitgeber wie LG zunehmend die Vorteile für Hochzeiten auch für Singles an. Etwa zusätzliche, eigentlich für die Hochzeit vorgesehene, Urlaubstage oder einen Blumenstrauß statt des Brautstraußes. Dazu muss man sich nur als Bihon registrieren. Man wolle die Vorteile der Verheirateten den bewussten Singles nicht vorenthalten, erklärte etwa NH Investment and Securities. 

Wie groß die Auswirkungen auf Dauer sind, muss sich zeigen. Immer mehr Frauen halten sich die Option offen, die Kinder einfach später zu bekommen – indem sie ihre Eier einfrieren lassen. Alleine im Marien-Hospital in Seoul habe sich die Zahl in den letzten fünf Jahren verdreifacht, berichtet „VOA News“. „Ich bin eine von denen, die keine Kinder haben wollen“, gesteht die 35-jährige Lee Jang-mi der Seite. „Man will eben andere Dinge tun, Arbeit, lernen. Bei mir ist es surfen.“ Deshalb erwägt sie das Einfrieren. „Wenn ich es eines Tages bereue, wäre es sonst zu spät, um meine Meinung zu ändern.“ 

Quellen: Korea Times, Nikkei Asia, Voa, Statista, UOS Times