Bekommt Sachsen eine Brombeer-Koalition? So wird ein Bündnis zwischen CDU, BSW und SPD genannt. Bis dahin dürfte aber noch viel Zeit vergehen. Zunächst geht es um andere Probleme – auch um Wahlbetrug.
Zwei Tage nach der Landtagswahl nimmt das neue Parlament in Sachsen erste Züge an. Bereits am Mittwoch wollen sich die Fraktionen von CDU und SPD konstituieren. Die CDU machte unterdessen erste Schritte, um mit anderen Parteien Übereinstimmungen für eine Regierungskoalition auszuloten.
Der Landesvorstand verständigte sich darauf, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), der SPD und den Grünen Gespräche anzubieten, wie Parteisprecher Paul Schäfer mitteilte. Die AfD und die Linken bleiben außen vor. Für beide gelten Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Damit ist eine Zusammenarbeit offiziell ausgeschlossen.
Heimatunion will kein Bündnis mit AfD, BSW und Grünen
Die konservative Heimatunion innerhalb der sächsischen CDU stellte klar, dass sie sich eine Koalition weder mit der AfD noch dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vorstellen kann und auch die Grünen nicht als Koalitionspartner möchte. Vorsitzender Sven Eppinger, der am Sonntag ein CDU-Mandat errang, schlug „neue Formen der Regierungspolitik“ vor. Den Begriff Minderheitsregierung nahm er nicht in den Mund. Allerdings hatte die Heimatunion noch unter ihrem früheren Namen Werteunion ein solches Modell bereits nach der Landtagswahl 2019 ins Spiel gebracht.
Landeskriminalamt ermittelt wegen Wahlbetrug
Die Polizei nahm Ermittlungen wegen des Verdachts der Wahlfälschung auf. Zunächst hatte man in zwei Dresdner Wahlkreisen etwa 100 manipulierte Wahlzettel entdeckt. Inzwischen wurden weitere Manipulationen in zwei Wahlkreisen in Radeberg und erneut in Dresden festgestellt. In allen Fällen hatten Unbekannte auf Briefwahl-Stimmzetteln die getroffene Wahlentscheidung überklebt und stattdessen die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen angekreuzt. Inzwischen führt das Landeskriminalamt die Ermittlungen.
AfD überprüft Softwarepanne bei der Sitzverteilung im Landtag
Nach einer Softwarepanne bei der Sitzverteilung zum neuen Landtag hat die AfD ein Prüfverfahren eingeleitet. „Wie wollen haargenau wissen, was genau schiefgelaufen ist“, betonte AfD-Landes- und Fraktionschef Jörg Urban in einer Mitteilung und verlangte eine exakte Fehleranalyse. „Sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen, leiten wir juristische Schritte ein.“
Vorausgegangen war ein Softwarefehler, wodurch zunächst eine falsche Anzahl der Mandate für die einzelnen Parteien veröffentlicht worden war. Nach einer Überprüfung korrigierte die Landeswahlleitung die Sitzverteilung. AfD und CDU bekamen einen Sitz weniger als zunächst angegeben, Linke und Grünen je einen Sitz mehr. Für die AfD ist das relevant. Sie hat nun mit 40 Mandaten keine Sperrminorität mehr, kann damit bestimmte Entscheidungen des Landtages nicht blockieren.
Fraktionen im Landtag konstituieren sich
Die CDU ist künftig mit 41 Frauen und Männern im Parlament vertreten und hat vier Abgeordnete weniger als zu Beginn der vergangenen Legislatur. Ein CDU-Mann hatte die Fraktion später verlassen. Die SPD zieht wie in der letzten Wahlperiode mit zehn Abgeordneten ein. Die Fraktion der Grünen möchte sich am 17. September konstituieren. Dann soll voraussichtlich auch der Fraktionsvorstand gewählt werden. Die Bündnisgrünen sind fortan mit sieben Abgeordneten vertreten, vorher waren es zwölf.
Die Linken wollen ihre Fraktion erst am 24. September formieren. Der späte Termin hängt damit zusammen, dass Parteichefin Susanne Schaper ihren lange geplanten Hilfseinsatz in Vietnam an diesem Freitag beginnt. Seit Jahren schon ist die gelernte Krankenschwester regelmäßig in dem südostasiatischen Land im Einsatz. Die Linken haben nur noch sechs Abgeordnete im 8. Sächsischen Landtag, in der letzten Legislaturperiode waren es 14.
Personelle Zuwächse können lediglich die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verzeichnen, das erstmals zu einer Sachsen-Wahl antrat und auf Anhieb 15 Abgeordnete in das Parlament entsendet. Ein Zeitpunkt für die Konstituierung der Fraktion ist bislang nicht bekannt. Gleiches gilt für die AfD, die mit 40 statt bisher 38 vertreten ist. Vier Abgeordnete der AfD hatten die Fraktion während der Wahlperiode verlassen.
CDU-Politiker Marko Schiemann ist jetzt dienstältester Abgeordneter
Nach dem Ausscheiden des Landtagspräsidenten Matthias Rößler und seiner Stellvertreterin Andrea Dombois (beide CDU) gibt es nur noch einen Abgeordneten, der dem Parlament seit 1990 ununterbrochen angehört. Der Bautzener CDU-Politiker Marko Schiemann gilt als einer der Väter der Sächsischen Verfassung. Er war lange Zeit rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und kümmerte sich zuletzt um Europa.
Mögliches Bündnis hat schon einen Namen: Brombeer-Koalition
Auch wenn das neue Parteienbündnis auf absehbare Zeit in Sachsen noch nicht geschmiedet ist und dafür noch zahlreiche Hürden zu überwinden sind, einen neuen Namen gibt es bereits: Die Brombeerkoalition. Da es kein Land auf der Welt gibt, das die Farben Schwarz (für CDU), Rot (für SPD) und Lila (für das Bündnis Sahra Wagenknecht) zusammen in seiner Nationalflagge verwendet, wurde man nun in der Natur fündig.
Die Brombeere soll als Namensgeber dienen, weil die Frucht in unterschiedlichen Reifegraden die Parteifarben der möglichen Koalitionäre aufweist. Den Begriff „Brombeer-Koalition“ soll erstmals der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte in einem Essay verwendet haben.
Bei der Landtagswahl am Sonntag war die sächsische Union mit 31,9 Prozent der Stimmen knapp vor der AfD (30,6 Prozent) gelandet. Da CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer eine Zusammenarbeit mit der AfD und den Linken kategorisch ausschließt, bleibt der Union nur ein Bündnis mit dem BSW (11,8 Prozent) und der SPD (7,3 Prozent) beziehungsweise mit BSW und Grünen (5,1 Prozent).