Immer mehr Betriebe verabschieden sich vom Flächentarifvertrag. Das hat gute Gründe, sagt LVU-Präsident Heger und fordert vom DGB stichhaltige Argumente statt pauschaler Vorwürfe.
Die rheinland-pfälzischen Unternehmer fordern eine faire Debatte ohne pauschale Angriffe der Gewerkschaften über die Tarifbindung in Rheinland-Pfalz. „Wenn man wieder mehr Unternehmen für Flächentarifverträge gewinnen möchte, sollte man sich zunächst fragen, warum sie sich überhaupt davon abgewendet haben“, sagte der Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU), Johannes Heger, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
„Wer den Arbeitgebern dabei pauschal das Verantwortungsbewusstsein abspricht, macht es sich offenkundig viel zu einfach“, mahnte Heger. „Wenn man sich die mittlerweile zentimeterhohen Vertragswerke anschaut, die mit unzähligen hoch komplizierten und kaum noch umsetzbaren Sonderregelungen gespickt sind, braucht man sich über die Abkehr von diesen Tarifverträgen nicht zu wundern.“
Zwar sei die Tarifbindung bei den Flächentarifverträgen in den vergangenen Jahren gesunken, dafür habe aber etwa die Zahl der Haustarifverträge deutlich zugenommen, berichtete der LVU-Präsident. DGB-Landeschefin Susanne Wingertszahn hatte zuvor erklärt, dass mittlerweile nur noch rund die Hälfte aller Beschäftigten in Rheinland-Pfalz unter dem Schutz eines Tarifvertrags arbeiten. Anfang der 2000er-Jahre seien es noch über 70 Prozent gewesen.
Die Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nannte die Entwicklung dramatisch, dass nur noch jeder dritte Betrieb in Rheinland-Pfalz tarifgebunden sei. „Die Tarifbindung sinkt seit Jahren, auch weil sich Arbeitgeber aus der Verantwortung stehlen“, kritisierte die Gewerkschafterin in einem Gespräch mit der dpa.
Um die Tarifbindung zu stärken, müssten die Unternehmen wieder davon überzeugt werden, dass darin die beste Lösung für sie liegt, entgegnete der LVU-Präsident. Dazu müssten die Vorteile wieder deutlicher gemacht werden. Diese lägen vor allem darin, dass die Verträge von gleichberechtigten Tarifpartnern verhandelt werden, die für einen fairen Interessenausgleich sorgen und zu Ergebnissen finden, mit denen beide Seiten gut leben können.
„Doch der derzeit stattfindende Überbietungswettbewerb vieler Gewerkschaften mit teilweise absurd hohen Lohnforderungen bei gleichzeitiger Forderung nach immer weniger Arbeitszeit ist angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche und des akuten Fachkräftemangels nicht nur völlig fehl am Platz, sondern geradezu kontraproduktiv“, kritisierte der Unternehmer. Dass viele Gewerkschaften auch schnell und ausufernd von ihrem Streikrecht Gebrauch machten, wirke zusätzlich abschreckend.
Der LVU-Präsident warnt auch davor, über das Tariftreuegesetz nicht praktikable Regelungen durchsetzen zu wollen. „Dadurch entsteht nicht nur ein völlig falsches Bild von den Wettbewerbsbedingungen in der öffentlichen Vergabe, sondern auch viel unnötige Bürokratie und immense Kosten zulasten der Allgemeinheit.“
Der DGB drängt bereits länger auf eine Verbesserung des bestehenden Tariftreuegesetzes in Rheinland-Pfalz. Ziel sollte nach Ansicht der Gewerkschaft sein, dass das Land für öffentliche Aufträge nur noch Geld an die Unternehmen vergebt, die auch tarifgebunden sind.