Auf der Leinwand gibt er den düsteren Killer. Im wahren Leben aber sorgt Keanu Reeves für gutes Karma. Und reagiert auf persönliches Unglück mit Sanftmut und Großzügigkeit.
„Das Letzte, woran ich denke, ist Geld.“ Hört man diesen Satz von Prominenten, ist er entweder gelogen. Oder der, der ihn gesagt hat, eh superreich. Es gibt jedoch noch eine dritte Variante: Keanu Reeves.
Natürlich hat auch Reeves, der an diesem Montag seinen 60. Geburtstag feiert, längst ausgesorgt: Sein geschätztes Vermögen liegt bei 380 Millionen US-Dollar. Doch beschäftigt man sich mit seiner Biografie, nimmt man ihm diesen Satz durchaus ab. Belegt ist etwa, dass er – ohne Bodyguards in der New Yorker U-Bahn sitzend – aufstand, um einer Frau mit schwerer Tasche seinen Platz anzubieten. Oder dass er nach Ende der Dreharbeiten des ersten „Matrix“-Teils jedem seiner zwölf Stuntmen eine Harley Davidson schenkte. Oder dass er sich zur eigenen Premierenparty von „Daughter of God“ 20 Minuten lang im Regen in die Warteschlange stellte, statt sich vorzudrängeln.
„Ich weiß, dass die, die uns lieben, uns vermissen“
Fragt man ihn, wie er es schafft, so down to earth zu sein, antwortet er launig: „Schwerkraft?“ Keanu Reeves redet ungern darüber, aber vermutlich hat es viel damit zu tun, dass er häufig vom Schicksal hart geprüft wurde. Das fing schon in seiner Kindheit an. Sein Vater Samuel verließ die Familie, als Keanu drei Jahre alt war, und saß wegen Drogenhandels im Gefängnis. Seine Mutter Patricia zog ihn auf, aber auch dauernd um, von Beirut nach Sydney, von New York nach Toronto, und heiratete noch dreimal. Seine kleine Schwester Kin erhielt 1991 die Diagnose Leukämie und kämpfte zehn Jahre gegen den Blutkrebs.
Seine erste große Liebe Jennifer Syme erlitt 1999 nach acht Monaten Schwangerschaft eine Totgeburt. In der Folge wurde sie depressiv, trank zu viel und starb ein gutes Jahr später unangeschnallt bei einem Verkehrsunfall. Wie Keanu Reeves mit all dem umging? Zum einen ist er inzwischen Buddhist, glaubt also an den Tod als Neubeginn. Gefragt, was passiere, wenn wir sterben, atmet er durch und denkt nach, dann sagt er: „Ich weiß, dass die, die uns lieben, uns vermissen.“
Er macht einfach weiter, dreht pro Jahr fünf Filme
Zum anderen spendet er etwa 70 Prozent aller Einnahmen aus den „Matrix“ Filmen an Krebsforschung und Kinderkrankenhäuser, gründet dafür auch – anfangs anonym – eine eigene Stiftung. Und er macht einfach weiter, steht in bis zu fünf Filmen pro Jahr vor der Kamera. Die Reihe um den stets schwarz gekleideten John Wick – ein ehemaliger Killer, dessen Frau ihm einen Hundewelpen hinterließ, den ein russischer Mafia-Punk tötet, was einen blutigen Rachefeldzug auslöst – ging durch die Decke. Die vier Actionfilme spielten weltweit insgesamt über eine Milliarde US-Dollar ein.
Vielleicht sind diese GunFuAction-Epen so erfolgreich, weil Keanu Reeves seine verständliche Wut auf das Leben in ihnen kanalisiert. Aber lediglich auf der Leinwand, rein fiktiv, versteht sich. So wie jeder gute Mensch mit seiner dunklen Seite umgehen sollte.