Seit zehn Jahren präsentiert sich „Die Höhle der Löwen“ mit dem gleichen Showkonzept. Innovationen? Müssen die Gründer liefern. Also her mit gesundem Fertiggerichte für Kinder.
Rund 400 Deals wurden seit dem Beginn von „Die Höhle der Löwen“ am 19. August 2014 geschlossen. Das macht ungefähr 50 Millionen Investment. Auch wenn die meisten Produkte schnell wieder vergessen sind, hat die Gründershow ohne Zweifel ein bisschen Wirtschafts- und auch Fernsehgeschichte geschrieben. Die Stars der Sendung waren von Anfang an nicht die Unternehmer, die um Kapital betteln – sondern immer die Investoren, die es ihnen gaben. Oder eben halt auch nicht. Deren Gegockel und Gekabbel ist der Markenkern von „DHDL“. Und ihr urkomisches Businesssprech-Gequatsche.
Den besten Satz zum Staffelstart lieferte Ur-Löwin Judith Williams, die nach einjähriger Pause ihr Comeback auf dem Jurorinnensessel feierte. Der Gründerin von „Nayca“, einem herzförmigen Wärme-Pad gegen Regelschmerzen, pries sie sich mit den Worten an: „Du brauchst Content, der performt, und jemanden, der sich damit auskennt.“ Die studierte Luft- und Raumfahrttechnikerin beeindruckte das wenig. Sie hatte vorher unter den Löwen Periodenkrampf-Simulatoren ausgeteilt, damit vor allem die Männer mal am eigenen Leib erfuhren, was 15 Millionen Frauen in Deutschland alle vier Wochen durchmachen. Tillman Schulz krümmte sich unter Schmerzen, Carsten Maschmeyer tat cool, mutmaßlich hatte er die Elektroden nicht richtig befestigt. Gleichwohl bekam er den Deal – zusammen mit Janna Ensthaler, die das „Tech- und Sales-Talent“ der Jung-Unternehmerin rühmte.
Bei „Die Höhle der Löwen“ dieses Mal: Fertiggerichte ohne schlechte Gewissen
Beinahe hätte sich das Duo auch den Deal mit „ratzfatz“ geangelt, doch diesmal hatten Tillman Schulz und Nils Glagau die besseren Argumente. Das Produkt: tiefgekühlte Bio-Gerichte für Kinder. Die Zielgruppe: Double-Income-Eltern, die keine Zeit oder Lust zum Kochen haben und ihrem Nachwuchs trotzdem mehr bieten wollen als Fischstäbchen und Chicken Nuggets. Das Ganze natürlich ohne Konservierungsstoffe und zugesetztem Zucker und mit nur wenig Salz. Unter die Tomatensoße, so das Trio, sei sogar „ganz viel Gemüse unterpüriert“, vor dem Kinder normalerweise schreiend weglaufen würden.
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Ratzfatz ging das Geschäft mit „topfi“ über die Bühne, ein ureigener Dümmel-Deal. Das Gründerpaar brauchte nur 50 Sekunden, um seinen Topfdeckelhalter zu pitchen, der verhindert, dass man sich am kondensierten Wasser jedes Mal die Finger verbrennt. „Mr. Regal“ warb in knapp drei Minuten für sich („Ich bin für das Thema der perfekte Löwe“) und pumpte 100.000 Euro in das grundsolide Halter-Business.
Mit einer sehr rätselhaften Mission schlug eine Schweizerin in der „Höhle“ auf. Ihre selbst entworfenen Seidenschals unter dem Labelnamen „VUP“ (very unique people) sollen die Krawatte als Firmen-Dresscode ablösen. Dies sei ihr Lebenswerk, verkündete sie pathetisch und setzte gleich noch einen drauf: „Niemand weiß, wer die Krawatte erfunden hat, aber wer deren Reduktion in Gang gebracht hat, daran wird man sich erinnern.“ Die Investoren bliesen die Revolte freundlich ab, Dagmar Wöhrl bat die resolute Eidgenossin („Ich gehe hier nicht ohne Deal raus“) sogar fast um Gnade: „Du erschlägst uns mit deinem Elan!“
Werner Hansch spricht über seine Spielsucht
Ganz zum Schluss wurde es noch einmal hochemotional. Auftritt Werner Hansch. Der heute 86-Jährige war über Jahrzehnte einer der berühmtesten deutschen Sportreporter und glitt mit Mitte 60 in die Spielsucht ab. 600.000 Euro verzockte er bei Pferdewetten und verlor alles: Haus, Liebe, Konten. Mit bebender und brüchiger Stimme schilderte Hansch sein Schicksal und stellte zusammen mit seinem Firmenpartner „Zockerhelden“ vor, eine Plattform, die Glücksspielgeschädigten helfen will, sich ihr verlorenes Geld bei den Anbietern gerichtlich zurückzuholen. Denn: Die meisten Online-Casinos und Sportwettenanbieter arbeiteten bis teilweise 2022 ohne gültige Lizenz. Carsten Maschmeyer stieg ein („Früher war ich tablettensüchtig, heute bin ich dealsüchtig“) und holte Dagmar Wöhrl mit ins Boot. Judith Williams: „Das war der bewegendste Moment in der Geschichte der Show.“