Immer weniger Sammler und fehlender Nachwuchs machen den Beruf des Antiquars immer schwieriger und seltener. Sterben Antiquariate aus?
Ob Thüringen oder bundesweit: Antiquariate, die mit alten und oft wertvollen Büchern handeln, werden immer seltener. „Zumindest was die Ladengeschäfte angeht, ist die Zahl sehr rückläufig“ erklärt der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Antiquare, Norbert Munsch.
Vor allem in Städten mit hohen Mietpreisen werde es immer schwieriger, ein lohnendes Geschäft zu betreiben. Viele Händler seien daher auf das Internet ausgewichen, was einerseits einen großen Absatzmarkt biete, aber durch die nicht örtlichen begrenzten Angebote auch die Konkurrenz verschärfen könne.
Belastbare Daten über die Zahl der Antiquariate im Freistaat gebe es nicht, erklärt Björn Biester vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Obwohl gerade die mittelgroßen Städte mit ihren überschaubaren Mietpreisen gute Bedingungen böten, gebe es in Thüringen keine ausgeprägte Antiquariatslandschaft.
Oftmals seien Antiquariate sehr kleine Unternehmen, für die sich auch eine Mitgliedschaft im Börsenverein nicht lohne. Zu schaffen machten gerade diesen Geschäften viele bürokratische Regeln, die besonders für kleine Unternehmen einen enormen Aufwand bedeuteten. So fallen neben den allgemein geltenden Regularien sehr alte Bücher teilweise unter das Kulturgutschutzgesetz, das etwa den Handel mit bestimmten kulturell wertvollen Werken regelt und zusätzlich Bürokratie mit sich bringt.
Handel mit wertvollen Werken aus der Zeit vor ISBN
Große Gebrauchtbuch-Plattformen im Internet spielten als Konkurrenz für Antiquare hingegen kaum eine Rolle: Die wichtigsten Umsätze würden ohnehin vor allem mit Büchern gemacht, die vor der Einführung der ISBN-Nummern – mit der international Bücher eindeutig gekennzeichnet werden – gedruckt wurden, erklärt Munsch vom Verband Deutscher Antiquare. Die größte Rolle für den Umsatz spielten heutzutage wertvolle Bücher. Für deren Bewertung sei auch die Erfahrung des Antiquars gefragt. Online-Angebote könnten das nicht leisten.
Trotz des Schwerpunkts auf hochpreisigen Büchern und der kaum vorhandenen Gewinnspanne gehörten günstige, gebrauchte Bücher nach Einschätzung einiger der Befragten aber auch künftig zum Grundstock des antiquarischen Angebots. Einerseits machten diese in der Auslage auf der Straße neugierig auf einen Besuch. Andererseits suchten etwa Schüler immer wieder nach günstigen Ausgaben alter Klassiker – ihnen könnte durch die fundierte Beratung der Welt der Literatur nähergebracht werden.
„Keine aussterbende Art, aber…“
Dass die Nische, in der sich Antiquare befinden, immer kleiner wird, bestätigt auch der Altenburger Antiquar Michael Butter. Sowohl kaufkräftige Kunden als auch die Antiquare selbst würden immer älter – auf beiden Seiten gebe es nur wenig Nachwuchs. So sei es selten, dass junge Menschen den Beruf des Antiquars wählten. Aufgrund des sich ändernden Medienkonsums kämen auch nicht so viele Liebhaber von alten Büchern und Drucken nach. „Antiquariate sind keine aussterbende Art, aber es wird tendenziell schwieriger“, fasst Munsch zusammen.
Dabei sei gerade in der heutigen Zeit ein Antiquariat als Ladenlokal immer wieder Anziehungspunkt und eine Bereicherung für eine Stadt, erklärt ein Eisenacher Antiquar. Ob Tourist oder Einheimischer – für viele Menschen sei das Stöbern durch alte Bücher ein besonderes Erlebnis. Besonders schöne alte Bücher könnten im Gegensatz zum Internet-Handel mit allen Sinnen erfahren werden. Umso trauriger sei es, dass es inzwischen in vielen Thüringer Städten gar keine solche spezialisierte Buchhandlung mehr gebe.