Seit Juli dürfen spezielle Vereinigungen unter strengen Regeln Cannabis für Mitglieder anbauen – zumindest laut Gesetz. Wie schwierig das zuweilen in Bayern ist, weiß Wenzel Cerveny.
Dass der kleine Ort Aschheim bei München inzwischen auch Haschheim genannt wird, ist vor allem Wenzel Cerveny zu verdanken. Der Vorsitzende seines „Chillout Clubs“ macht in ganz Deutschland und darüber hinaus Schlagzeilen, weil er mit viel Energie und auch ein bisschen Freude für sein Recht kämpft, Cannabis im größeren Stil anzubauen für die Mitglieder seines Clubs.
Mit Holzpferd und Spielhäuschen gegen Cannabis-Anbau
In den Lagerräumen des von ihm gegründeten, auf Hanfprodukte spezialisierten Supermarktes sprießen die grünen Pflanzen und die Versorgung der bislang rund 120 Mitglieder könnte eigentlich bald sichergestellt sein. Wenn die Gemeinde nicht vor dem Rathaus, in Sichtweite des Marktes, ein kleines, wippendes Holzpferd aufgestellt hätte und ein kleines, blaues Häuschen. Das gilt nun nämlich als „Rathaus-Spielplatz“ – und im Umkreis von 200 Metern um Spielplätze herum sind Anbauvereinigungen nicht erlaubt.
Der Gemeinderat hat im Frühjahr beschlossen, den Cannabis-Club mit allen Mitteln zu verhindern. Und dieser Beschluss gelte, sagt der Geschäftsleiter der Gemeinde, Christian Schürer, der zuvor schon von einer „Negativeinrichtung“ gesprochen hatte.
Es ist eine Sicht, die Cerveny nicht verstehen kann. „Die haben den Spielplatz nur gebaut, weil drei Mütter Angst hatten, die ganze Drogenszene vom Frankfurter Hauptbahnhof zieht jetzt um nach Aschheim.“ Der Spielplatz sei absurd. „Einmal hab‘ ich da zwei Kinder gesehen“, sagt Cerveny, der gegen die Baugenehmigung für den Spielplatz kämpft – und um eine Genehmigung für seinen „Chillout Club“.
Mehr als 280 Anträge auf Anbauvereinigungen
Cerveny hat einen von bislang mehr als 280 Anträgen für Cannabis-Anbauvereinigungen in Deutschland gestellt. Bundesweit wurden bislang 14 Erlaubnisse erteilt, elf davon in Niedersachsen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
In Bayern, wo Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt hat, es Kiffern so schwer wie möglich zu machen, wurde nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) von 24 Anträgen bislang kein einziger genehmigt.
Seit 1. Juli können als zweite Stufe der Cannabis-Legalisierung in Deutschland nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen und dafür zuerst einmal eine Erlaubnis beantragen. In den Clubs können Erwachsene dann Cannabis gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben.
Clubmitglieder vor allem „Babyboomer“ und Schmerzpatienten
„Der Herr Söder macht das Ganze sehr problematisch“, sagt Cerveny. „Der sollte mal die Kirche im Dorf lassen.“ Die Mitglieder seines Clubs seien vor allem „Babyboomer“. „Die meisten seien Ü50, viele von ihnen Schmerzpatienten“, sagt er der dpa. Und um die versorgen zu können, hat er sich nun etwas einfallen lassen: Für den Fall, dass er keine Genehmigung für den Anbau im Bioladen bekommt, will er auf Container setzen.
Einen – seinen Angaben zufolge 100.000 Euro teuer – hat er bereits aufgestellt. 6000 Stecklinge haben darin Platz, Belüftung, Luftfeuchte, Dünger und Bewässerung funktionieren mit smarter Technik. Wenn mal zu wenig Wasser da ist, bekommt Cerveny eine Warnung auf sein Handy.
Cannabis-Anbau im Container
Das komplett computergesteuerte Containersystem erfüllt seinen Angaben zufolge alle Sicherheitsvorkehrungen, hat Sicht- und Diebstahlschutz und der charakteristische Geruch der Pflanzen werde durch Filtersysteme minimiert. Das System könne beliebig erweitert werden.
Inzwischen habe er schon zahlreiche Angebote von Aschheimern, auf deren Gewerbegrundstücken er die Container aufstellen könnte, sagt Cerveny. Und gerne würde er das Ganze Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) zeigen, die er dazu schon eingeladen hat – oder am besten noch Ministerpräsident Söder.
Im Aschheimer Rathaus nimmt man die Container-Idee bislang gelassen hin. Er habe davon auch nur in der Zeitung gelesen, sagt Geschäftsleiter Schürer.
Cerveny ist sich sicher: „Gegen die Container können die jetzt nichts machen.“