Erstmals wird in Thüringen ein Krankenhaus wegen einer Insolvenz geschlossen. Die Probleme, die die 100-Betten-Klinik in Schleiz erdrückt haben, drohen auch anderen kleinen Häusern, warnen Experten.
Für kleine Krankenhäuser in vom Bevölkerungsrückgang geprägten Regionen braucht es nach Einschätzung der Landesärztekammer neue Konzepte, um die Zukunft der Standorte zu sichern. Dabei gehe es nicht mehr nur um eine rein stationäre Versorgung, sagte Kammerpräsident Hans-Jörg Bittrich der Deutschen Presse-Agentur. Nötig sei die Verbindung mit der ambulanten Betreuung durch Hausärzte, Pflegedienste, Physiotherapeuten und Apotheken. „Eine vernünftige sektorenverbindende Versorgung zu planen und zu organisieren, ist genau die Aufgabe, die in Thüringen jetzt vor uns steht.“ Dafür müssten Land, Kommunen, die Vertretungen der niedergelassenen Ärzte und die Kliniklobby zusammenarbeiten.
In Thüringen sorgt derzeit die laut Gesundheitsministerium erste pleitebedingte Schließung eines Landkrankenhauses für Schlagzeilen. Die private Sternbach-Klinik in Schleiz (Saale-Orla-Kreis) hatte wegen hoher Verluste Ende Juni Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet und wollte finanzkräftige Partner für den Weiterbetrieb finden. Dies misslang allerdings, Ende August wird das 100-Betten-Haus geschlossen. Betroffen sind 190 Beschäftigte. Damit stellt sich die Frage nach der künftigen Gesundheitsversorgung in der Region an der Grenze zu Bayern.
Personalproblem besonders bei Ärzten
Nach Einschätzung der Techniker Krankenkasse (TK) stehen auch andere Thüringer Krankenhäuser in Regionen mit schrumpfender und älter werdender Bevölkerung vor Herausforderungen. Das gelte nicht zuletzt für die Schwierigkeiten, das nötige Fachpersonal zu finden, sagte TK-Landeschef Guido Dressel. Auch Fachkräftemangel hatte in Schleiz eine Rolle bei der Schließungsentscheidung gespielt. „Besonders bei Ärzten ist das Personalproblem nicht zu unterschätzen“, bestätigte Kammerpräsident Bittrich.
Der Mediziner hält wie auch Dressel eine zeitnahe gemeinsame Analyse ambulanter und stationärer Versorgungsstrukturen in den einzelnen Thüringer Landkreisen für überfällig. „Nur die Krankenhausplanung allein bildet die Realität nicht ab“, sagte Dressel. Eine Lösung für einen schlecht ausgelasteten Krankenhausstandort könne zum Beispiel eine Art Poliklinik mit Fachärzten und einer kleinen Station für Patienten, die medizinischer Überwachung bedürften, sein.
Grundversorgung in Chirurgie und innerer Medizin
Für Bittrich müssten sektorenverbindende Landkrankenhäuser wegen der alternden Bevölkerung vor allem eine Grundversorgung in innerer Medizin und Chirurgie erbringen, um etwa Diabetiker oder Herz-Kreislauf-Patienten zu versorgen und Unfall- oder Sturzverletzungen zu behandeln. Die Häuser müssten auch an einen Rettungsdienst angebunden sein, um Menschen mit akuten schweren Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall in Krankenhäuser mit entsprechender Kompetenz und Ausstattung zu bringen. Sinnvoll seien auch eine Physiotherapie, eine Apotheke und ein Sozialdienst, unbedingt erforderlich die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung.
Bisher laufen in Deutschland Krankenhausplanung und die Bedarfsplanung für die Verteilung von Arztsitzen für Praxisärzte parallel. Für die ambulante Bedarfsplanung sind die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen zuständig, die Krankenhausplanung ist Sache des Landes. Es weist Klinikstandorte aus den Häusern Leistungen zu, die sie erbringen dürfen. Die rot-rot-grüne Landesregierung hatte kürzlich den 8. Thüringer Krankenhausplan beschlossen. Wegen der noch ausstehenden Krankenhausreform des Bundes steht allerdings derzeit nicht fest, welche konkreten Leistungen die einzelnen Häuser künftig anbieten dürfen.