Personalien: Geschasste Staatssekretärin – Neue Geschütze der Opposition

Nach dem überraschenden Rauswurf einer Staatssekretärin steht ein Untersuchungsausschuss oder eine Klage vor Hessens höchstem Gericht im Raum. Die Opposition dringt auf Aufklärung.

Im Streit um den Rauswurf der Wirtschaftsstaatssekretärin Lamia Messari-Becker (parteilos) aus der hessischen Landesregierung hat die Opposition die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses oder einer Klage vor Gericht ins Spiel gebracht. Der AfD-Landtagsabgeordnete Heiko Scholz sagte nach Kritik an aus seiner Sicht unzureichenden Antworten von Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) im Kultuspolitischen Ausschuss: „Wir stellen in den Raum, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen.“

Auch der Grünen-Parlamentarier Sascha Meier betonte nach der Sitzung in Wiesbaden mit Blick auf diese Aussage, seine oppositionelle Fraktion werde alle parlamentarischen und juristischen Optionen prüfen, um mehr Auskunft von der Landesregierung zu bekommen. Damit bezog er sich auch auf die Möglichkeit einer Klage beim Staatsgerichtshof Hessen.

„Fehlverhalten“ im Privatleben?

Die Grünen hatten im Kultuspolitischen Ausschuss von Bildungsminister Schwarz wissen wollen, inwieweit die Schule eines der Kinder von Wirtschaftsstaatssekretärin Messari-Becker bei ihrem überraschenden Rauswurf nach nur einem halben Jahr im Amt eine Rolle gespielt haben könnte. Ihr Chef, Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD), hatte im Juli erklärt, die parteilose Wissenschaftlerin wegen eines außerdienstlichen „Fehlverhaltens“ zu entlassen.

Medienberichten zufolge warf er ihr vor, in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Schulnote ausgeübt zu haben. Öffentlich äußerte sich der Vize-Ministerpräsident nicht dazu und legte dementsprechend auch keine Belege vor. Messari-Becker wies die „Vorwürfe eines angeblichen persönlichen Fehlverhaltens“ als gänzlich unzutreffend zurück. 

Schulrechtlich nicht relevant

Bildungsminister Schwarz sagte nun, sein Haus habe einen „Sachverhaltsbericht“ von einem Schulleiter erhalten. Das Schreiben sei als schulrechtlich nicht relevant eingestuft und zu den Akten im zuständigen Schulamt gelegt worden. Diese Information sei an die Staatskanzlei weitergegeben worden, weil „eine hochrangige politische Beamtin der Landesregierung involviert“ gewesen sei. Seines Wissens nach habe wiederum die Staatskanzlei diese Information dem Wirtschaftsminister zukommen lassen. Schwarz ergänzte, wegen der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten könne er sich nicht inhaltlich zu dem Bericht äußern. Nur diese selbst könnten ihr „Recht auf Akteneinsicht geltend machen“.

Der Grünen-Abgeordnete Meier warf Minister Schwarz Missachtung des Parlaments vor: Er habe auf ihre zuvor vorgelegten schriftlichen elf Fragen sowie auf mündliche Nachfragen unzureichend oder gar nicht geantwortet. „Damit bewegen wir uns auf der Ebene einer Staatskrise, denn das Frage- und Auskunftsrecht ist grundlegend für die Kontrollfunktion des Landtages“, ergänzte Meier. Für Wirtschaftsminister Mansoori wiederum sei ein schulrechtlich nicht relevanter Bericht nur ein Vorwand gewesen, seine „unliebsame“ Staatssekretärin Messari-Becker, eine Professorin für nachhaltiges Bauen, zu entlassen.

Rufschädigung?

Der Chef der FDP-Opposition, Stefan Naas, forderte nach der Sitzung Mansoori auf, seine Vorwürfe zurückzunehmen und sich öffentlich zu entschuldigen. Der Minister habe sich „rufschädigend verhalten, als er Frau Messari-Becker öffentlich Fehlverhalten vorgeworfen und damit ihre Entlassung begründet hat. Stichhaltige Belege für ein Fehlverhalten gibt es aber bis heute nicht. Die Ehre von Frau Messari-Becker muss wiederhergestellt werden.“

Im Kultuspolitischen Ausschuss hatte die SPD-Parlamentarierin Nina Heidt-Sommer zuvor betont, Kultusminister Schwarz könne sich nicht zu einer Personalentscheidung des Wirtschaftsministers äußern. Es entstehe der Eindruck, die Opposition wolle aus einer solchen Personalie politisches Kapital schlagen. 

Staatssekretäre können grundsätzlich als politische Beamte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden – auch ohne Angabe von Gründen.

Quereinsteigerin

Messari-Becker, einst vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommen, saß selbst im Ausschuss und machte sich Notizen. Die geschasste Quereinsteigerin in die Politik schwieg. Nach der Sitzung sagte sie nur, sie sei als Betroffene gekommen, „die auch Antworten sucht“. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wehrt sie sich mit Anwälten rechtlich gegen Mansooris Vorwurf eines Fehlverhaltens.