Jede Woche erscheint der neue stern mit aktuellen Bestsellern: Die in der Printausgabe rezensierten Bücher stellen wir Ihnen einmal im Monat gesammelt auch online vor.
Etwas verwunderlich ist es schon, dass trotz der zunehmenden Digitalisierung immer noch so viele Menschen „echte“ Lektüre kaufen. Andererseits ist es auch ein gutes Zeichen, dass immer noch so viele Leser ein gutes Buch zu schätzen wissen. Aus diesem Grund finden Sie die stern-Besteller der Printausgaben, die jeden Donnerstag veröffentlicht werden, ab sofort auch online. Hier sind die Belletristik- und Sachbuch-Bestseller aus dem August 2024.
„Der Bademeister ohne Himmel“ von Petra Pellini
Es ist Sommer, und in den Buchhandlungen herrschen die blauen Wochen. Kaum ein Titel, der ohne Horizonte, Ozeane, Nachthimmel oder eine schwimmende Person auskommt. Dabei steht die Farbe nicht nur für den Drang nach Freiheit (ins Meer stechen, fliegen), sondern auch für Klarheit, Sicherheit und Vertrauen – siehe Firmenlogos von Tech-Unternehmen bis Finanzdienstleistern. Die Coversymbolik bei Petra Pellinis Roman „Der Bademeister ohne Himmel“ ist dann auch eine Einladung zum Philosophieren, geht es doch um den Ruheständler Hubert, der an Demenz erkrankt. Ein Körper, der im Wasser treibt, darin ein Geist, der sich langsam auflöst. Die ewige Ruhe nach dem Tod. Ganz schön viel, worüber man nachdenken soll, während man doch eigentlich nur eine Sommerlektüre sucht. Hier gibt es das Buch.
„Fußball-EM 2024“ von Matthias Brügelmann
Das Schöne an solchen Erinnerungsalben großer Sportmomente ist ja immer, dass man sie einmal durchblättert, dann ins Regal stellt, danach in den Keller verbringt oder auf den Dachboden, wo sie nach Jahren von Kindern oder Enkeln gefunden werden. Also: 2044, Opa, Papa und Kind blättern durch „EM 2024“, und Kind fragt: „Opa, wer ist der Mann mit der dunklen Wolke auf dem Kopf?“ Opa nickt: „Das ist Marc Cucurella. Wegen dem haben wir damals die EM verloren.“ – „Warum?“ – „Sieh doch hin, der hält einen Ball, der ins Tor gegangen wäre, mit der Hand auf!“ – „Hat Deutschland kein Tor geschossen?“ – „Siehst du den mit der Zahnlücke? Füllkrug. Der hatte Sekunden vor dem Ende noch eine Chance, traf aber nur das Außennetz.“ Der Enkel denkt kurz nach: „Opa, ist Füllkrug deshalb heute Bundestrainer?“ Hier gibt es das Buch.
„Delicate Dream“ von Merit Niemeitz
Ist schon 39 Jahre her, als wir in Patrick Süskinds Schmöker „Das Parfum“ Sinnes-vokabeln wie „olfaktorisch“ lernten und dachten, nach so einem Schnupperthriller sei die Nase eigentlich leer geschrieben, was soll da noch, Verzeihung, angeduftet kommen? Aber Irrtum, mit dem Boom der Dynastie-Sagas ist nun das Parfüm-Imperium in „Delicate Dream“ an der Reihe – einer, noch mal Pardon, recht naseweisen Geschichte über eine Frau namens Emmeline und einen Parfümerben, der wirklich Odell Evergreen heißt, und die beide, so steht es da, „alles über Düfte und einander gelernt, ihre Träume und ihren ersten Kuss geteilt“ haben. Dazu schnäuzen wir gern etwas Angeberwissen bei: In der menschlichen Nase gibt es 30 Millionen Riechzellen. Das sind so viele, wie Shanghai Einwohner hat. Hier gibt es das Buch.
„Die Geschichten in uns“ von Benedict Wells
In seinem neuen Buch erzählt Benedict Wells offen vom teilweise schmerzhaften Prozess des Schreibens, von Niederlagen und dem jahrelangen Feilen an einer Rohfassung. Seine eigenen Anfänge als Autor in den frühen Nullerjahren waren mitnichten glorreich. Das erste Werk, eine Dreiecksliebesgeschichte, gab er euphorisiert einem Bekannten, dem dazu aber nur einfiel: „Joa.“ Wells musste sich eingestehen, dass die 80 000 Wörter, die er geschrieben hatte, noch keine gute Geschichte ergaben, sondern, „totaler Stuss“ waren. „Heute weiß ich, dass eine missratene Erstfassung völlig normal ist“, bekennt er. Trotz Theorie-Rüstzeug, das er im Buch erläutert, sei das Dranbleiben immer noch eine der wichtigen Komponenten. Wells blieb dran. Fünf Romane später kann man sagen: ein Glück! Hier gibt es das Glück.
„Whitestone Hospital – Saved Dreams“ von Ava Reed
Whitestone Hospital – Saved Dreams
Arztromane sind wie die Sommergrippe: Keiner braucht sie, aber alle haben sie. Ava Reed surft diese Krankheitswelle perfekt, ihr „Whitestone Hospital“-Virus erlebt nun schon seine vierte Mutation: Diesmal wird Assistenzärztin Jane Miller in die Gynäkologie versetzt, wo sie nicht nur Schwangerschaftsdramen erwarten, sondern auch eine sehr schwierige Oberärztin. So weit, so Klischee. Doch man muss es Ava Reed lassen: Sie bietet ihren Fans quasi ein Einzelzimmer mit Chefarztbehandlung. Denn nicht nur, dass die pastellfarbenen Buchrücken im Regal einen wunderbar betäubenden Farbverlauf ergeben, auf ihrer Homepage bietet Reed auch digitale Blümchen-Postkarten zum Download. Hauptsache, man ist gesund. Hier gibt es das Buch.
„Hillbilly-Elegie“ von J. D. Vance
J. D. Vances Memoir über das Zerplatzen des amerikanischen Traums wurde gern als Erklärung für Trumps Aufstieg herangezogen. Vance selbst sah in Trump einen neuen Hitler. Heute geht er für ihn als Vizepräsidentschaftskandidat ins Rennen. Das fand sein deutscher Verlag Ullstein so degoutant, dass er den Bestseller aus seinem Programm nahm. Diese Portfoliobereinigung schien von der hohen moralischen Integrität eines Traditionshauses zu zeugen. Ist aber vor allem symptomatisch für die Oberflächlichkeit des Kulturbetriebs. Denn schon immer konnte man zwischen den Zeilen lesen, dass Vance jeglichen Wohlfahrtsstaat am liebsten demontieren würde. Das scheint aber erst ein Problem, seit die Gefahr besteht, dass er es auch tatsächlich tut. Hier gibt es das Buch.
„Altern“ von Elke Heidenreich
Alle wollen alt werden, niemand will alt sein. Der Widerspruch ist absurd, das Leiden daran real. Wie lernen wir, so gut wie möglich damit zurechtzukommen? Geht das, alt werden und ein erfülltes Leben führen? Elke Heidenreich hat sich mit dem Altwerden beschäftigt. Herausgekommen ist dabei ein Buch, wie nur sie es schreiben kann. Persönlich, ehrlich, doch nie gnadenlos, mit einem Wort: lebensklug. Sie denkt über ihr eigenes Leben nach, und das heißt vor allem, über ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Im Alter trägt man die Konsequenzen für alles, was man getan hat. Aber mit ihm kommt auch Gelassenheit, und man begreift: „Das meiste ist vollkommen unwichtig. Man sollte einfach atmen und dankbar sein.“ Hier gibt es das Buch.
„Dunkles Wasser“ von Charlotte Link
Juristinnen und Juristen? Alles realitätsferne Paragrafenreiter! So weit jedenfalls das Klischee. Schaut man sich aber die Realität etwas genauer an, dann stellt man fest: Wir sind das Volk der Dichter und Juristen. Goethe, E.T.A. Hoffmann, Heine, Kafka, Tucholsky, Bernhard Schlink, Juli Zeh, Ferdinand von Schirach – allesamt Gelehrte des Rechts. Wie auch Charlotte Link, mit über 33 Millionen verkauften Büchern die erfolgreichste deutsche Autorin der Gegenwart. Schuld daran ist die Schuldfrage, die sie in ihren ausgefeilten Kriminalromanen immer wieder stellt, auch in „Dunkles Wasser“. Und die man am Ende nicht mehr eindeutig beantworten kann, weil man so viel Verständnis für die Täterinnen und Täter hat. Wie man also am besten die deutsche Literatur fördert? Mit einem Pflichtfach Jura ab der ersten Schulklasse, schön realitätsfern und trocken. Hier gibt es das Buch.
„Powerless – Das Spiel“ von Lauren Roberts
Kennen Sie die Zutaten? Ein Königreich. Die Bewohner sind gespalten: in Magier und Menschen, die keine Zauberkraft besitzen. Ein brutaler Wettkampf, bei dem ausgewählte Kämpfer gegeneinander antreten müssen. Das alles klingt verdächtig nach Potter und Panem, das gibt auch die Autorin zu. Und sie ist interessanter als ihr Buch: Lauren Roberts startete ihre Karriere nämlich auf BookTok. Dort las die erst 16-Jährige eigene Storys vor, und die Reaktionen waren so positiv, dass sie ihr erstes Buch schrieb und auch noch publizierte. Da war sie 18. Ein großer Verlag stieg ein und kurz darauf stand Lauren Roberts auf Platz eins der „New York Times“-Bestseller-Liste. Klingt nach Fantasy, ist aber Realität – das wäre doch mal ein Buchstoff! Hier gibt es das Buch.
„Von der Kunst, das Leben leicht zu nehmen“ von Marie Luise Ritter
Von der Kunst, das Leben leicht zu nehmen
Bestsellerautorin Marie Luise Ritter scheint genau zu wissen, was die Deutschen umtreibt und wonach sie sich sehnen. Ihre Ratgeber heißen „Vom Glück, allein zu sein“, „Vom Nichts suchen und Alles finden“ und „Von der Kunst, das Leben leicht zu nehmen“. Darin spürt die Autorin, Influencerin und Journalistin in 37 Geschichten jener Leichtigkeit des Seins nach, die uns allen so schwerfällt. Die Kapitel heißen „Das hat ja nichts mit mir zu tun“, „Das möchte ich gerade nicht“ und „Okay, dann nicht“. Gleich auf den ersten Seiten lesen wir Worte und Begriffe wie „Côte d’Azur“, „Cabrio“, „Strandpromenade“, „Nizza“ und „rot lackierte Fußnägel“. Spätestens hier hat man gelernt, dass nicht nur das Leben leicht zu nehmen eine sehr große Kunst ist – sondern auch so manche Buchlektüre. Hier gibt es das Buch.
Tipp: Weitere Buchempfehlungen aus der Redaktion finden Sie übrigens auf unserer Themenseite.
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