Im Norden Schleswig-Holsteins lebt ein ganz besonderes Tier: Flumo. Er ist sehr wahrscheinlich eine Schiege – eine Mischung aus Schaf und Ziege.
Seit knapp zwei Wochen tollt besonderer Nachwuchs auf einem Resthof bei Glücksburg an der Flensburger Förde herum. Bei Flumo handelt es sich mutmaßlich um eine Mischung aus Schaf und Ziege – eine Schiege. Der kleine Bock hat weißes Fell mit braunen Flecken – genauso wie Ziegenbock Rune, der seit Jahren mit einer kleinen Schafsherde auf der Koppel hinter dem Haus lebt. Der einzige Schafsbock in der Herde hat dunkles Fell.
Für Hofbesitzer Dag, der nur mit seinem Vornamen veröffentlicht werden möchte, ist das ein klares Indiz dafür, dass es sich bei Flumo tatsächlich um eine seltene Schiege handelt. Auch die Fellstruktur ähnele eher einer Ziege als einem Schaf. Und wenn Flumo blökt beziehungsweise meckert, kommt er eher nach Rune.
Dass Selma, eine Moorschnucke, trächtig ist, hatte Dag zunächst nicht erwartet. Seine Tochter habe ihn vor knapp zwei Wochen gefragt, ob er das Lamm schon gesehen habe, sagt er. „Ich habe natürlich erst einmal damit gerechnet, dass ein Schafslamm geboren ist, weil ich mir im Januar extra einen Schafbock besorgt habe.“ Aber als er das Lamm sah, sei ihm sofort klar gewesen, dass das Jungtier nicht von Locke dem Schafsbock sei, sondern von Rune. Da zu der Zeit das Flugmodus-Festival auf dem Gelände veranstaltet wurde, war der Name für den Nachwuchs schnell klar: Flumo.
Vor Jahren machte schon einmal eine Schiege Schlagzeilen
Schafe und Ziegen gehören biologisch zur gleichen Unterfamilie der Ziegenartigen. Sie haben aber einen unterschiedlichen Chromosomensatz. Während Ziegen 60 Chromosomen aufweisen, haben Schafe nur 54. Dies macht Kreuzungen ausgesprochen schwierig.
Vor zehn Jahren sorgte schon einmal ein solches Mischwesen für bundesweite Schlagzeilen, als im Landkreis Göttingen eine Schiege geboren wurde. Damals sagte der mittlerweile verstorbene Nutztierforscher Prof. Christoph Knorr von der Universität Göttingen, eine Kreuzung aus Schaf und Ziege gebe es nur in absoluten Ausnahmefällen. Das Tier aus dem Landkreis Göttingen war seiner Kenntnis nach damals die weltweit einzige wissenschaftlich bestätigte Schiege.
Dag hat (noch) keine Genanalyse machen lassen, auch wegen der Kosten. „Aber ich fände das schon interessant.“ Mit der Universität Göttingen habe er bereits Kontakt aufgenommen.
Hybride gibt es im Tierreich immer mal wieder
Wenn verschiedene Tierarten gemeinsamen Nachwuchs zeugen, nennt man das Hybride. Solche Hybride kommen immer wieder einmal vor. Teilweise werden sie gezielt gezüchtet, wie etwa Maulesel und Maultier, also Kreuzungen zwischen Pferden und Eseln.
Manchmal gibt es aber auch Mischformen, mit denen niemand rechnet. So machten vor einigen Jahren die sogenannten Cappuccino-Bären im Osnabrücker Zoo Schlagzeilen. Sie waren Produkte der gemeinsamen Haltung verschiedener Bärenarten in einem Gehege. Dass ein Eisbär mit einer Braunbärin Nachkommen zeugt, hätten Tierpfleger damals nicht für möglich gehalten. Nach der Geburt der Geschwister 2004 wurden die Arten sofort getrennt.
Aber auch in der freien Natur kommen immer mal wieder Hybride vor: So begegnen sich etwa Eisbären und Grizzlys wegen des Klimawandels in den Regionen rund um den Nordpol häufiger – und zeugen teils Nachwuchs.
Flumo soll bei der Herde bleiben
Flumo weiß wohl nichts davon, dass er sehr wahrscheinlich ein ganz besonderes Tier ist. Er hält sich viel an seine Mutter – zumindest wenn Fremde in der Nähe sind. Sonst springt er auch schon mal den anderen Schafen auf den Rücken, wie Dag erzählt. Auch das erinnert eher an eine Ziege.
Dag möchte den kleinen Bock auf jeden Fall behalten – solange sich die gemischte Herde versteht. Kritisch könnte es werden, wenn er erwachsen und aus ihm und Rune Konkurrenten werden würden. „Ich könnte mir vorstellen, dass Flumo ein anderes Kaliber wird und dann könnte es auch zu Kämpfen kommen.“ Aber das müsse man abwarten, sagt Dag.