Die Chancen, dass die Linke nach der Landtagswahl in Thüringen weiter regiert, sind nach Umfragen nicht hoch. Die Partei hält jedoch an ihren Projekten fest – und ihr Spitzenmann ist gesprächsbereit.
Die Linke hält unabhängig vom Ausgang der Landtagswahl an Projekten wie einem dritten beitragsfreien Kindergartenjahr oder einer Landeswohnungsbaugesellschaft fest. Das kündigte die Parteispitze in Erfurt bei der Vorlage eines 90-Tage-Programms an. Ministerpräsident und Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow bekräftigte, dass er sich nach dem Wahlsonntag dafür einsetzen werde, dass Gespräche der demokratischen Parteien zu einer stabilen Mehrheitsregierung führen. Er sei mit allen Parteien außer der rechtsextremen AfD gesprächsbereit.
Ramelow hat die vergangenen Jahre eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung geführt, die nach verschiedenen Wahlumfragen kaum eine Chance auf eine Neuauflage hat.
Van Aken erwartet bis zu 20 Prozent
Der Linken-Politiker Jan van Aken, der sich um den Bundesvorsitz bewirbt, erwartet bei der Landtagswahl für seine Partei ein besseres Abschneiden als in den Umfragen prognostiziert. Die Linke mit Ramelow werde auf den letzten Metern noch richtig zulegen, sagte van Aken im Interview mit den Sendern RTL und ntv: „Also bis zu 20 Prozent schaffen wir da auf jeden Fall.“ Derzeit liegt sie zwischen 13 und 14 Prozent, 2019 waren es 31 Prozent.
Van Aken hält eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nicht grundsätzlich für unmögliche, zeigte sich aber skeptisch. „Eine BSW-Ministerpräsidentin? Die haben doch gar kein Personal dafür. Also man muss sich das angucken am Sonntag.“
Thüringens BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf schloss erneut eine Koalition mit der AfD kategorisch aus, nicht jedoch mit der Linken. Das werde das Wahlergebnis zeigen, sagte sie im „Berlin Playbook Podcast“ des Nachrichtenmagazins „Politico“. Wolf: „Ich halte das nicht für ausgeschlossen, wenn man zusammen eine stabile Mehrheit in Thüringen hinkriegen würde.“
Ramelow warf Wolf vor, sie habe nach ihrem Wechsel von der Linken zum BSW angekündigt, sie wolle die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke klein halten, „das Gegenteil ist eingetreten. Sie hat uns klein gemacht.“
Die Thüringer Linke will nach Angaben von Parteichefin Ulrike Grosse-Röthig Eltern von den Kosten für die Kinderbetreuung entlasten. Die Finanzierung der Kindergärten müsse neu geregelt werden – und zwar zwischen dem Land und den Kommunen, sagte Ramelow. Ziel sei, Kinderbetreuung sowie Bildung in Thüringen schrittweise komplett beitragsfrei zu machen.
1.500 bezahlbare Wohnungen
Grosse-Röthig sagte, die Menschen könnten sich darauf verlassen, dass die Linke, die seit zehn Jahren in Thüringen den Regierungschef stellt, nach der Wahl im Landtag konstruktiv an der Lösung von Problemen weiterarbeite. „Wir haben die Pflicht, dieses Land regierbar zu halten.“ Ramelow machte deutlich, dass seine Partei in den vergangenen Jahren der rot-rot-grünen Minderheitsregierung trotz einer Vielzahl beschlossener Gesetze eine Reihe von Projekten nicht umsetzen konnte.
Zu den Projekten der Linken, an denen sie festhält, gehört die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft, die bis 2030 rund 1.500 bezahlbare Mietwohnungen bauen soll. Zudem solle erneut ein Gesetz in den Landtag eingebracht werden, das den Aufkauf von Ackerland im großen Stil durch Investmentgesellschaften verhindert. Zu den Projekten gehört außerdem ein Landesticket für 28 Euro für Menschen im Alter bis zu 28 Jahren sowie der Aufbau einer zentralen Landeszuwanderungsbehörde, sagte der Co-Vorsitzende Christian Schaft.