Manche Patienten rasten aus, wenn sie in der Notfallpraxis nicht sofort behandelt werden. Ärzte und Pflegepersonal berichten von zunehmender Gewalt. Das Landeskriminalamt bietet Schulungen an.
In den baden-württembergischen Notfallpraxen wird das Personal in manchen Fällen beleidigt, bedroht oder auch angegriffen. Etwa 100 Beschäftigte in den Einrichtungen seien bei Veranstaltungen im Juni und Juli durch Präventionsfachleute des Landeskriminalamts (LKA) fortgebildet worden, um die Sicherheit in der Arbeitsroutine zu erhöhen, teilte Präsident Andreas Stenger in Stuttgart mit. „Gewalt im Arbeitsalltag von Mitarbeitenden in Notfallpraxen ist ein besorgniserregendes Phänomen.“ Neben den physischen seien vor allem oftmals auch psychische Folgen für die Betroffenen festzustellen, deren Sicherheitsgefühl durch die Gewalterfahrung erschüttert werde.
Nach Angaben des LKA nahmen in medizinischen Einrichtungen wie Praxen und Notaufnahmen die Aggressionsdelikte zu: 2019 verzeichnete die polizeiliche Kriminalstatistik 816 Fälle. 2023 waren es 1.047 Fälle. Das Spektrum reiche von der einfachen Körperverletzung über Raubdelikte bis zum versuchten Totschlag.
Ein Pilotversuch in Hinblick auf Prävention in Stuttgart stieß auf so große Resonanz, dass das Schulungsangebot der Polizei auf ganz Baden-Württemberg ausgeweitet wurde, wie Stenger weiter mitteilte. Wirkungsvolle Vorbeugung sei bedeutend mehr als nur die unmittelbare Intervention bei akuten Bedrohungen. „Wir setzen auf eine langfristige Strategie und die praxisbezogene Sensibilisierung der Mitarbeitenden in Notfallpraxen.“ Doch es wurde nicht nur das Personal geschult, sondern auch auf mögliche Anpassungen von baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen hingewiesen, um Aggressionen möglichst gar nicht aufkommen zu lassen.
Notfallpraxen sind dann geöffnet, wenn der Hausarzt keine reguläre Sprechstunde hat. Sie werden in Baden-Württemberg von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) betrieben.