Sie haben zwar ein Dach über dem Kopf, aber kein eigenes Zuhause – die Zahl der Wohnungslosen hat drastisch zugenommen in NRW.
Die Zahl der Wohnungslosen, die etwa in Not- oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, hat sich in Nordrhein-Westfalen seit Anfang 2022 fast verdreifacht. Laut Bundesstatistik sei die Zahl zum Stichtag 31. Januar 2024 auf 105.120 gestiegen, antwortete NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) auf eine SPD-Anfrage.
Beinahe 40 Prozent (40.490) von ihnen seien unter 25 Jahre alt, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf vorliegt. Ein Drittel zählte zur Personengruppe „Paar mit Kindern“.
Fluchtbewegung treibt die Zahlen in die Höhe
Der drastische Anstieg der Wohnungslosen in den vergangenen zwei Jahren sei vorrangig auf die anhaltenden Fluchtbewegungen zurückzuführen – „insbesondere aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine“, erklärte Laumann.
„Insgesamt wurden in der Bundesstatistik vor allem deutlich mehr Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet als im Vorjahr“, teilte der Minister mit. Das seien immerhin 86 Prozent aller erfassten Personen. Die Steigerungen seien darüber hinaus auf „Verbesserungen der Datenmeldungen im dritten Jahr seit Einführung der Bundesstatistik zurückzuführen“.
Wohnungslose, Obdachlose, verdeckte Obdachlosigkeit
Erfasst wurden Personen, die ein Dach über dem Kopf haben, aber keine eigene Bleibe. Dazu zählen etwa auch Flüchtlinge, die ihr Asylverfahren zwar positiv abgeschlossen, aber noch keinen eigenen Mietvertrag haben. Auch Menschen, die etwa im betreuten Wohnen oder der Wohnungslosenhilfe freier Träger untergebracht sind, fließen in die Statistik ein.
Obdachlose, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, seien dort ebenso wenig berücksichtigt wie verdeckte Obdachlosigkeit – also wenn Menschen etwa bei Bekannten unterkommen, erläuterte Laumann. Laut Stichproben-Hochrechnung einer vom Landesozialministerium in Auftrag gegebenen Untersuchung lebten im Sommer 2021 rund 5.300 obdachlose Menschen in NRW auf der Straße.
SPD: „Für Kinder und Jugendliche ein Horror“
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Lisa-Kristin Kapteinat, äußerte sich entsetzt über die Zahlen. „Wenn Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Nordrhein-Westfalen wohnungslos sind, dürfen wir das nicht einfach so hinnehmen“, sagte sie der dpa. „Auch wenn sie nicht unter einer Brücke schlafen müssen, ist es vor allem für Kinder und Jugendliche ein Horror, nicht zu wissen, wo man die nächste Nacht verbringen wird.“
Schließlich sei Wohnen ein Grundrecht, betonte die Sozialdemokratin. „Vor allem brauchen Kinder und Jugendliche einen sicheren Ort zum Leben, damit sie gesund aufwachsen können.“ Die Verdreifachung der Wohnungslosenzahlen sei erschreckend. „Die Landesregierung muss hier endlich tätig werden.“