Afghanistan: Wenn Bärte zur Pflicht werden: Taliban erlassen „Tugend“-Gesetz

Verschleierung, Bart-Pflicht, das Filmen von Lebewesen: Die Taliban haben in Afghanistan ein Gesetz erlassen, das den Menschen strenge Verhaltensregeln auferlegt.

Die in Afghanistan herrschenden Taliban haben ein „Tugend“-Gesetz zur Durchsetzung der bereits durch die Sittenpolizei überwachten strengen Verhaltensregeln eingeführt. Das Gesetz, das unter anderem Verschleierungsvorschriften für Frauen und ein Verbot von Homosexualität enthält, wurde vom obersten Anführer der Islamisten, Hibatullah Achundsada, bestätigt, wie das Justizministerium am Mittwoch mitteilte. Es war bereits Ende Juli im Amtsblatt veröffentlicht worden.

Taliban-Vorschriften betreffen Frauen, Männer und Medien

Mit dem Gesetz wird die Sittenpolizei gestärkt, die die am islamischem Scharia-Recht orientierten Verhaltensrichtlinien der Taliban bereits seit deren Rückeroberung der Macht 2021 kontrolliert. Es sieht unter anderem vor, dass „muslimische Frauen verpflichtet sind, ihr Gesicht und ihren Körper zu bedecken“, wenn sie sich in Gegenwart von Männern befinden, die nicht direkt mit ihnen verwandt sind.IV Kabul Drei Jahre nach Fall Klawitter 8:52

Männer müssen demnach mindestens knielange Hosen tragen. Zudem müssen sie einen Bart tragen, der nicht zu kurz sein darf. Homosexuelle Beziehungen, Ehebruch und Glücksspiel sind verboten, ebenso wie die Herstellung und das Ansehen von Videos oder Bildern, die Lebewesen zeigen.

Versäumte Gebete und Ungehorsam gegenüber den eigenen Eltern können ebenfalls bestraft werden. Medien dürfen dem neuen Gesetz zufolge keine Inhalte verbreiten, die „die Gesetze der Scharia und der Religion“ missachten, „Muslime beleidigen“ oder „lebendige Wesen“ zeigen.

UN beklagen „Klima der Angst“ in Afghanistan

Die Sittenpolizei kann Verstöße mit Verwarnungen, Drohungen, Geldstrafen, einer Untersuchungshaft von bis zu drei Tagen oder weiteren Sanktionen bestrafen. Im Wiederholungsfall können die Beschuldigten vor Gericht gestellt werden.World Press Photo Afghanistan 21.11

Die UN-Unterstützungskommission für Afghanistan (Unama) hatte den Sittenwächtern bereits in der Vergangenheit vorgeworfen, ein „Klima der Angst“ in Afghanistan zu schaffen.

Nach jahrelanger westlicher Militärpräsenz hatten die radikalislamischen Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan zurückerobert und ein sogenanntes islamisches Emirat ausgerufen. Seither setzen sie ihre strenge Auslegung des Islams mit drakonischen Gesetzen durch und beschneiden insbesondere Frauenrechte. International bleiben die Taliban auch weiterhin isoliert. Bislang hat kein Staat die islamistischen Machthaber als formale Regierung Afghanistans anerkannt.