Bundesinnenministerin Faeser informiert sich in Hessen über die Bekämpfung von Kriminalität. Dabei spielt auch ein Auto mit einem doppelten Boden eine Rolle.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihr hessischer Amtskollege Roman Poseck (CDU) haben sich beim Besuch von Sicherheitseinrichtungen in Hessen unter anderem über Cyberkriminalität informiert. Hessen sei „eines der führenden Bundesländer“ bei der Bekämpfung von dieser Kriminalität, sagte Faeser nach einem Rundgang durch das CyberCompetenceCenter (Hessen3C) in Wiesbaden.
Hessen3C berät die Landesverwaltung, Kommunen sowie kleinere und mittelgroße Unternehmen im Fall von kriminell lahmgelegten IT-Anlagen und Erpressungen mit Datenverschlüsselung. Zudem bietet die Beratungsstelle Schulungen an, um möglichst zu verhindern, dass es überhaupt so weit kommt.
Zusammenspiel dreier Ebenen
Faeser sagte, vor allem seit Russlands Einmarsch in die Ukraine vor zweieinhalb Jahren spiele Cyberkriminalität in Deutschland „eine unheimlich große Rolle“. Für deren erfolgreiche Bekämpfung sei die Zusammenarbeit der drei staatlichen Ebenen Bund, Länder und Kommunen wichtig. „Die Bedrohungslage in der digitalen Welt ist weiterhin hoch. Cyberangriffe in Deutschland nehmen in Qualität und Quantität zu, die meisten davon haben ihren Ursprung im Ausland“, erklärte Faeser.
Poseck erläuterte, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn und die „Vorzeigeinstitution“ Hessen3C arbeiteten eng zusammen. Die geplante Ausstattung des BSI mit weiteren Kompetenzen unterstütze er. Bereits im April hatte der Minister gesagt, sollte sich nach Beratungen von Bund und Ländern über ein Gesamtkonzept gegen Cyberangriffe die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung herausstellen, wäre das für ihn „zumindest kein Tabu“.
IT-Beratungsstelle in ehemaligem Krankenhaus
Die vor gut fünf Jahren eingerichtete Beratungsstelle Hessen3C gehört zum Innenministerium in Wiesbaden. Sie ist in der hessischen Landeshauptstadt im ehemaligen Krankenhaus einer einstigen Kaserne untergebracht, hat rund 50 Mitarbeiter und bietet etwa eine Hotline rund um die Uhr für angegriffene Kommunen und Firmen. Mit einem Schrank auf Rädern mit 20 Laptops kann sie im Fall der Fälle einen raschen provisorischen IT-Neustart von Gemeinden ermöglichen.
Markus Wiegand von Hessen3C sagte, Hacker würden immer professioneller. Früher sei ein „kriminelles Genie“ für eine Cyberattacke nötig gewesen. Heute könne Schadsoftware für die Verschlüsselung von IT-Strukturen im Darknet, einem anonym nutzbaren Bereich des Internets, bequem mit einer Kreditkarte gekauft werden. Bei sogenannten Ransomware-Angriffen bieten Kriminelle eine Entschlüsselung blockierter IT-Systeme gegen Zahlung eines Lösegelds an.
Schmuggelauto mit doppeltem Boden
Bei einem Besuch im Bundeskriminalamt bekamen Faeser und Poseck unter anderem einen Einblick, mit welchen Tricks Drogenschmuggler ihre Waren beim Transport verstecken. Ermittler präsentierten ein Auto mit einem doppelten Boden im Kofferraum. Dieses Drogendepot könne nur elektronisch über mehrere Schritte und Schalter ver- und entriegelt werden, erklärte der Experte. Rauschgift wie beispielsweise Kokain werde auch in Hohlräumen von eigens präparierten Paletten transportiert.
Weiteres Thema war die illegale Herstellung von Schusswaffen im 3D-Druckverfahren. Nach Angaben einer BKA-Sprecherin wurde seit 2020 eine niedrige zweistellige Zahl solcher Waffen von den Behörden sichergestellt. „Es ist erschreckend, dass Waffen mittlerweile innerhalb kürzester Zeit im 3D-Drucker gedruckt werden können und einsatzfähig sind“, sagte Poseck. „Technische und digitale Entwicklungen sind rasant und dürfen unsere Ermittler nicht abhängen.“
Strafanzeige per App
In Frankfurt besuchten Faeser und Poseck den „Innovation Hub“ der hessischen Polizei. 110 Polizeibeamte arbeiten hier eng mit Programmieren zusammen, um die Polizeiarbeit mithilfe der Technik effektiver zu machen. Die Mitarbeiter zeigten Faeser unter anderem eine Strafanzeigen-App.
Im „operativen Abwehrzentrum“ geht es um organisierte Kriminalität, etwa bei Automatensprengungen, Waffenhandel oder Geldwäsche. Den Mitarbeitern steht dafür unter anderem das Chat-Auswertungstool CAT zur Verfügung, das verschlüsselte Kommunikation entschlüsselt oder übersetzt.
In einer „Forensik-Straße“ können Daten von Handys und Computern schneller gesichert und ausgewertet werden. Die Mitarbeiter bekommen Asservate aus ganz Hessen, vor allem aus dem Bereich Kinderpornografie. Faeser zeigte sich „sehr beeindruckt“ von dem „wesentlichen Beitrag Hessens“ zu moderner und vernetzter Polizeiarbeit.