Zweieinhalb Tage nach dem Untergang einer Luxusjacht vor Sizilien haben Taucher am Mittwoch vier weitere Leichen gefunden. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus dem Umfeld der Einsatzkräfte erfuhr, wurden am frühen Mittwochnachmittag zwei Tote geborgen und später zwei weitere Todesopfer entdeckt. Zu ihrer Identität wurden zunächst keine Angaben gemacht. Ein erstes Todesopfer des Bootsunglücks war bereits am Montag geborgen worden.
Italienische Medien hatten berichtet, bei zwei der vier geborgenen Leichen handele es sich um den als „britischen Bill Gates“ bekannten Technologieunternehmer Mike Lynch und dessen 18-jährige Tochter Hannah. Insgesamt wurden seit dem Unglück fünf Leichen gefunden: Ein erster Toter war am Montag geborgen worden. Zwei Menschen werden weiterhin vermisst.
Die mit zehn Besatzungsmitgliedern und zwölf Passagieren besetzte 56 Meter lange Luxusjacht „Bayesian“ war in der Nacht zum Montag in der Nähe von Porticello vor der Küste Siziliens in einem Sturm gesunken. Ursache war eine Wasserhose, eine Art Tornado, über dem Meer. 15 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden. Bei der bereits am Montag geborgenen Leiche handelte es sich laut Medienberichten um den Schiffskoch.
Der genaue Unglückshergang wird noch ermittelt. Eine Wasserhose ist laut Meteorologen eine „schmale Säule“ mit „rotierender Luft“, die unterhalb eines Gewitters auf dem Wasser entsteht. Mitunter können so Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde entstehen. Dadurch könnten „völlig anarchistische Seebedingungen entstehen, die zum Kentern“ eines Schiffes führen können, wie ein ehemaliger Marineoffizier der AFP sagte.
Im Hafen von Porticello wurden Spezialtaucher seit dem frühen Mittwochmorgen mit Booten zur Unglücksstelle gefahren, wie AFP-Reporter berichteten. Nach Angaben der Feuerwehr wurde auch eine Unterwasserdrohne eingesetzt. Das Wrack der „Bayesian“ liegt in 50 Meter Tiefe.
Die Feuerwehr hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass die Taucher ins Innere der Jacht vorgedrungen seien, dass es sich aber um eine „lange und komplexe Operation“ handele. Die Hoffnung, die Vermissten noch lebend zu bergen, schwand von Stunde zu Stunde.
Experten wiesen jedoch darauf hin, dass Luxusjachten wie die „Bayesian“ mit wasserdichten Luftkammern gebaut würden. „Es gibt Berichte von Überlebenden, die in solchen Luftkammern gefunden wurden“, erklärte der britische Ingenieur Jean-Baptiste Souppez in einem vom Science Media Centre veröffentlichten Beitrag.
Neben Lynch und dessen Tochter waren dem Versicherungsunternehmen Hiscox zufolge auch ein hochrangiger Manager des Bankhauses Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, und dessen Frau Judy an Bord und werden vermisst. Italienischen Medienberichten zufolge waren die Passagiere Gäste von Lynch. Der Unternehmer hatte demnach auf der Jacht seinen Freispruch im Prozess um einen Milliardenbetrug gefeiert.
Lynch war im Juni in den USA von Betrugsvorwürfen um den Verkauf seiner Software-Firma Autonomy an Hewlett-Packard freigesprochen worden. Ihm war vorgeworfen worden, Akten gefälscht und den Umsatz seines Unternehmens falsch angegeben zu haben. Die „Sunday Times“ schätzte das Vermögen des ehemaligen Regierungsberaters auf rund 587 Millionen Euro.