2002 traf Sandra Maischberger die NS-Filmemacherin Leni Riefenstahl zum Interview. Nun hat sie für eine Dokumentation über die Regisseurin Hunderte Kisten aus deren Nachlass durchforstet.
Die Moderatorin und TV-Produzentin Sandra Maischberger hält Leni Riefenstahl für „eine durch und durch überzeugte Faschistin und Nationalsozialistin“. Das sagte die 57-Jährige in einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“. Maischberger hat einen Dokumentarfilm über Riefenstahl (1902-2003) produziert, der auf dem Filmfest Venedig Premiere feiert.
Die Regisseurin Riefenstahl wurde mit Nazi-Propagandafilmen wie „Triumph des Willens“ bekannt, hatte sich selbst aber stets unpolitisch gegeben. Regie bei der Doku „Riefenstahl“, die am 29. August in Venedig Premiere feiert, führte der aus Stuttgart stammende Regisseur Andres Veiel.
700 Kisten aus dem Nachlass ausgewertet
Für den Film habe Maischberger Riefenstahls in 700 Kisten verpackten Nachlass ausgewertet. In den Kisten habe es viele Fundstücke gegeben, etwa Tonkassetten, mit denen Riefenstahl Telefonanrufe und Nachrichten auf dem Anrufbeantworter aufgezeichnet habe, auch Gespräche mit alten und neuen Nazis, aus denen deutlich geworden sei, „dass da nicht eine Opportunistin am Werk war“.
Maischberger hatte Riefenstahl 2002 zu deren hundertstem Geburtstag zum Interview getroffen. „Zwischendurch dachte ich, sie lügt“, sagt die Moderatorin. „Nicht eine einzige Sache hatte ich aus ihr herausgelockt. Und ich dachte, das kann es nicht gewesen sein.“ So entstand die Idee zu einem Dokumentarfilm.
Maischberger: Film passt in Zeit mit postfaschistischen Strömungen
Sie finde es genau passend, dass dieser nun auf dem Festival in Venedig gezeigt werde, wo Leni Riefenstahl Ende der 1930er Jahre unter anderem für ihren Olympia-Dokumentarfilm zwei Filmpreise gewonnen habe, sagt Maischberger. „Unsere Premiere findet in einem Land statt, dessen Regierungschefin es zulässt, dass auf der Straße massenhaft der faschistische Gruß gezeigt wird. In dieser europäischen Gegenwart, in der wir das Aufkommen von rechtspopulistischen, postfaschistischen, neonazistischen Strömungen erleben, ist Venedig genau das richtige Forum.“
Maischberger sagt, sie habe den Film nicht nur für Spezialisten machen wollen, sondern auch „für die Generation meines Sohnes, der siebzehn ist, und der den Namen Leni Riefenstahl nie gehört hatte“.