Der Neckar-Odenwald-Kreis gilt als dünn besiedelt. Trotzdem will ein Unternehmen dort flächendeckend Glasfaser anbieten – und Vorreiter sein. Doch der Ausbau kommt langsamer voran als gedacht.
Das Unternehmen BBV Deutschland wird das Ziel flächendeckenden schnellen Internets durch Glasfasernetze im Neckar-Odenwald-Kreis bis 2024 um zwei Jahre verfehlen. Dies bestätigte der Landkreis auf Nachfrage. Das Unternehmen plant nun mit einem Abschluss der Arbeiten bis Ende 2026 – will damit aber immer noch bundesweiter Vorreiter werden. Das Besondere an dem Projekt: Der Ausbau soll nur privatwirtschaftlich finanziert werden, ohne Steuer- und Fördergeld. Gerade im ländlichen Raum eine Herausforderung: Die Wege sind lang und die Kosten für den Ausbau höher.
Dem Breitbandatlas des Bundesverkehrsministeriums zufolge reicht im Neckar-Odenwald-Kreis nur bei 10,48 Prozent der Haushalte das besonders leistungsfähige Glasfaserkabel zumindest bis zum Gebäude. Damit liegt der Flächenlandkreis noch hinter den recht mauen Zahlen für Baden-Württemberg (18,87 Prozent) und Deutschland (32,08 Prozent). Ziel der Bundesregierung ist es, Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser zu versorgen. Landrat Achim Brötel (CDU) sagte vor Beginn des Projektes 2021: „Der Neckar-Odenwald-Kreis wird zum ersten Landkreis in Deutschland, der die Glasfaser in allen 27 Kommunen ohne einen Cent Steuer- und Fördergelder erhält.“
Aktuell flächendeckend 100 Megabit pro Sekunde Download-Geschwindigkeit
Flächendeckend können Haushalte aktuell laut Landkreis 100 Megabit pro Sekunde über Kupferkabel erhalten. Mit dem Glasfaserkabel-Anschluss verspricht die BBV Deutschland bis zu 1000 Megabit pro Sekunde beim Download.
Bis Oktober 2023 waren nach Angaben des Neckar-Odenwald-Kreises 50 Prozent der Bauarbeiten für den Ausbau des Glasfasernetzes erledigt. In den vergangenen Monaten habe sich jedoch das Tempo der Arbeiten verlangsamt – aufgrund der allgemein gestiegenen Kosten und der lahmenden Baubranche.
Eigene Investitionen in Höhe von rund 135 Millionen Euro
Deswegen werde sich das Unternehmen darauf konzentrieren, bereits gebaute Glasfaser-Internetanschlüsse in Betrieb zu nehmen, hieß es in einer Mitteilung. Außerdem wolle die BBV Möglichkeiten zur Mitverlegung von Rohren und Kabeln nutzen, etwa bei Straßensanierungsarbeiten. Insgesamt müssen laut BBV bis zu 1.300 Kilometer Tiefbautrassen im Landkreis verlegt werden. Es gehe um mehr als 43.000 Gebäude.
Das Unternehmen plant mit eigenen Investitionen in Höhe von rund 135 Millionen Euro – rund 15 Millionen mehr als 2021 anvisiert. Die Breitbandversorgung (BBV) Deutschland hatte ursprünglich 13.500 Verträge mit Privathaushalten im Neckar-Odenwald-Kreis angepeilt, um das Projekt umsetzen zu können. Bis zum Baustart im Juni 2021 hatten nach Angaben des Landkreises rund 24.000 Haushalte und Gewerbebetriebe Verträge abgeschlossen. Wie viele Verträge es heute sind, sagt das Unternehmen mit Verweis auf die Konkurrenz nicht.
Auch andere Anbieter sollen Netze nutzen können
Für die BBV Deutschland lohnt sich der Ausbau nach eigenen Angaben nicht nur über Einnahmen durch die abgeschlossenen Verträge, sondern auch durch die Nutzung der eigenen Netze durch andere Anbieter. Der BBV Deutschland ist kein anderer Landkreis mit einem ähnlichen Projekt bekannt. Im benachbarten Main-Tauber-Kreis ist das Unternehmen ebenfalls aktiv, liegt aber beim Ausbau deutlich zurück.
In Deutschland wurde für Internetverbindungen zu Hause jahrzehntelang vor allem auf Telefonkabel gesetzt. Auch Fernsehkabel spielten bei der Internetnutzung eine wichtige Rolle. In Bezug auf Glasfaser war Deutschland ein Spätstarter, erst seit wenigen Jahren werden Milliarden investiert.