Archäologie: Historische Monumente im Wörlitzer Park wiederentdeckt

Im Wörlitzer Park sind mehrere Grabhügel wiederentdeckt worden. Bei groß angelegten Untersuchungen wurde dann etwas Erstaunliches festgestellt.

Archäologen haben im Wörlitzer Park im Landkreis Wittenberg mehrere Grabhügel und Langbetten entdeckt. „Groß angelegte Untersuchungen erbrachten allerdings ein sehr junges Entstehungsdatum, um 1800“, sagte Archäologin Franziska Knoll vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle. „Die miniaturisierten Nachbauten wurden als künstlich historisierende Details in den Park integriert und dienten wohl ihrem Schöpfer, dem Fürsten Franz, als Inszenierung seiner eigenen Ahnen.“

Später gerieten sie in Vergessenheit und überwucherten. Archäologen erkannten vor etwa drei Jahren bei einer Begehung im Park merkwürdig auffällige Hügelformen. „Obwohl stark durch Busch- und Baumwerk überwuchert, wurde vor dem Vulkan der Insel Stein ein sogenanntes Langbett erkannt“, sagte Knoll. „Solche länglichen Hügel mit Steineinfassung kennen wir aus der Gegend, sie datieren in die späte Jungsteinzeit und bargen in der Regel Kollektivgräber.“

Gräber als Parkschmuck 

Nach zweijähriger Dokumentation, einer geophysikalischen Untersuchung und einer Ausgrabung im März dieses Jahres stand aber fest: Das Monument wurde, datiert über Keramikfunde, erst zu Lebzeiten des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740-1817) errichtet. „Ansonsten aber war es leer. Das Monument diente also nicht als eigentliches Grab, sondern vielmehr als Landmarke, stellvertretend für die einheimischen Altertümer“, sagte Knoll. 

„Das Langbett wurde nach Abschluss der Arbeiten rekonstruiert und erhebt sich im Originalzustand, wie zu Zeiten des Fürsten, vor der Insel Stein.“ Zudem entdeckten die Wissenschaftler im Park vier weitere künstliche Grabhügel. „Wir haben Landschaftsarchäologie im Landschaftsgarten betrieben“, sagte Knoll.

Geburtsstunde der Landesarchäologie in Sachsen-Anhalt

Echte megalithische Bauwerke und Grabhügel sind aus der Region Anhalt jedoch auch überliefert und waren dem Fürsten Franz bekannt. „Sicher ist, dass einige kleinere Grabhügel der späten Bronzezeit und frühen Eisenzeit der Bautätigkeit beim Anlegen des Parks im 18. Jahrhundert zum Opfer fielen“, erläutert Knoll. „Einige der dort geborgenen, etwa 3.000 Jahre alten Urnen sind noch heute als Kopien im römischen Columbarium der Insel Stein aufgestellt“, sagte die Archäologin. „Die Originale gelten größtenteils als verschollen, einige wenige haben im Köthener Museum die Wirren des 20. Jahrhunderts überdauert.“

„Das war, wenn man so möchte, die eigentliche Geburtsstunde der Landesarchäologie“, sagte Landesarchäologe Harald Meller. „Die gleichwertige Bezugnahme auf die klassische Antike und die einheimische Vorgeschichte ist eine sensationelle neue Erkenntnis.“ Der Fürst habe sich mit dem Park seine eigene Welt und seine eigene Ahnenreihe geschaffen, zwischen mythischen Gestalten der klassischen Antike und lokalen, namenlosen Bestatteten.

Wörlitzer Park birgt immer noch Rätsel

Der Wörlitzer Park ist Teil des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs und Unesco-Welterbestätte, er ist bekannt für seine architektonischen Kopien der klassischen Antike. 

So finden sich an der Elbe neben dem römischen Pantheon eine Vielzahl weiterer Tempel, bestückt mit originalen Skulpturen, die auch über die Vermittlung von Johann Joachim Winkelmann (1717-1768) nach Anhalt geschafft wurden. Die Nachahmung gipfelte in dem Nachbau des Vulkans Vesuv, der erst vor wenigen Tagen wieder ausbrach.

Nicht nur die Bauwerke, auch die Landschaft selbst wurde im 18. Jahrhundert komplett neu geformt. „Die Kombination von künstlich angelegten Grotten, Schluchten, heiligen Hainen und Hügeln mit Altären, Statuen, und sogar Gräbern ist einzigartig“, sagt Landesarchäologe Meller. „Die Entschlüsselung dieser vielschichtigen Bilderrätsel ist äußert komplex und lässt offensichtlich noch immer Raum für neue Entdeckungen.“

Geplant ist, im kommenden Winterhalbjahr die Untersuchungen an weiteren Monumenten fortzusetzen. Die Funde stehen auch im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Jahrestagung der Dessau-Wörlitz-Kommission vom 22. bis 24. August 2024 in Wörlitz.