Am Freitag begeistern Alice Phoebe Lou, The Vaccines, Ashnikko und Bilderbuch beim Festival vor malerischer Industriekulisse in Hamburg-Wilhelmsburg
Als am Abend der Headliner Bilderbuch auf der „Vorschot“ genannten Bühne steht, ist das ganze Areal mit Menschen gefüllt, die die österreichische Band feiern. Das tun sie auf sehr friedliche Weise. „Lasst uns heute miteinander einfach glücklich sein“, ruft Sänger Maurice Ernst der Menge zu, die sich das nicht zweimal sagen lässt. Das respektvolle Miteinander zeichnet das Festival MS Dockville in Hamburg-Wilhelmsburg seit seinen Anfängen 2007 aus.
Schon die Kulisse ist besonders einladend. Die malerische Industrie-Architektur wird zu später Stunde von einer blumigen Videoinstallation angestrahlt. Der Regen hat sich am Nachmittag verzogen, sodass Tausende Besucher am Freitagabend bei spätsommerlichen Temperaturen den Beginn des Pop- und Kunst-Festivals MS Dockville in Hamburg-Wilhelmsburg zelebrieren. Am ersten von drei Festivaltagen addieren sich die Menschen am Ende auf 18.000 auf dem weitläufigen Areal. Insgesamt werden bis Sonntag mehr als 55.000 Gäste erwartet.
Sie wechseln zwischen den wichtigsten Bühnen Großschot, Vorschot und Maschinenraum, zwischen Sixties-Rock, Elektro-Pop und Hip-Hop.
Songwriterin Alice Phoebe Lou liefert am frühen Abend ihre gefühlvollen Lieder ab und entschuldigt sich für ihren verzerrten Gesichtsausdruck. Starke Rückenschmerzen plagen die Sängerin. Die Mitglieder der britischen Band The Vaccines haben die Bühne mit Blumen gestaltet und bringen die Menge mit ihrem ausgelassenen Sixties-Rock zum Tanzen. Es ist diese Euphorie in der Gemeinschaft, die beim MS Dockville immer auch für die Erfahrung einer Utopie auf Zeit sorgt.
Die in London lebende US-Sängerin Ashnikko wirkt in ihrer futuristischen Aufmachung, als wäre sie direkt einem Video-Spiel entstiegen und liefert bei ihrem einzigen Deutschlandauftritt in diesem Jahr mit experimentellem Elektro-Pop einen visuell wirkungsstarken Auftritt ab. Sie erzählt von Wüsten und fehlenden Wassern, rappt selbstermächtigend „You Make Me Sick!“ während sie kraftvoll mit zwei Bühnen-Tänzerinnen vor einer Videoleinwand und einer an amorphe Pflanzen erinnernden Bühnenkulisse tanzt.
Das MS Dockville bietet nicht nur Musik, sondern auch Kunst. „Der Anteil an nicht musikalischen Beiträgen ist in diesem Jahr noch einmal gestiegen“, erläutert Pressesprecher Eike Eberhardt. Auf dem Areal sind zum Beispiel zehn exklusiv für das Festival angefertigte neue Urban-Art-Kunstwerke bei geführten Spaziergängen zu entdecken.
Etwa das aus Holzstreben gefertigte, architektonische Werk „Art that makes Your brain hurt. But in a good way“ des Künstlers Lattemit. Am späten Abend wird es farbenfroh angestrahlt. „Mit Dir ist gut Kirschen essen“, spricht es von einem großformatigen Billboard der Künstlerin Finallyfoundagoodusername. Und die positive Aussage passt zu diesem entspannten Festival.
Die Besucherinnen und Besucher, von denen etliche auch auf dem Gelände campieren, besuchen tagsüber Siebdruck-Workshops, Lesungen oder Bollywood-Tanzperformances. Verschiedene DJs beschallen die von viel Grün umrankten, farbig angestrahlten Tanzflächen bis spät in die Nacht.
Bis Sonntag bespielen über 140 Musikerinnen und Musiker, Bands und DJs rund ein Dutzend Bühnen, darunter anderem die Techno-Blaskapelle Meute, die Songwriterin Zoe Wees und der Rapper Disarstar.