Der jährliche Vergleich von Müll- und Abwassergebühren des Steuerzahlerbunds offenbarte in den vergangenen Jahren große Preisspannen in NRW. Auch 2024 ist es für Bürger vielerorts teurer geworden.
Die Abfall- und Abwassergebühren sind in Nordrhein-Westfalen im Landesdurchschnitt auch in diesem Jahr weiter gestiegen. Laut aktuellen Zahlen des Bundes der Steuerzahler geht die Gebührenspanne in den einzelnen Städten und Kommunen dabei teils weit auseinander. In den teuersten Gemeinden muss vier bis fünf Mal mehr für die Abfall- und Abwasserentsorgung gezahlt werden als in den günstigsten.
Die Abfallgebühren stiegen laut Analyse 2024 für Privathaushalte im Durchschnitt um drei bis sieben Prozent je nach Abfuhrrhythmus. Für einen Vier-Personen-Musterhaushalt ist die Abfall-Jahresgebühr mit rund 170 Euro am günstigsten in Dormagen, Jülich sowie Kaarst und mit etwa 685 Euro am teuersten in Münster – berechnet auf jeweils 120 Liter Rest- und Biomüll, der alle 14 Tage abgeholt wird, inklusive Papierabfall in haushaltsüblichen Mengen. Im Schnitt kostet der 14-tägige Abfuhrrythmus 299 Euro, rund 3,5 Prozent mehr als 2023.
Unterschiede bei Schmutz- und Regenwasser
Mit Blick auf die hohen Kosten forderte der Bund der Steuerzahler mehr Wahlmöglichkeiten der Bürger bei der kommunalen Müllabfuhr. Die verpflichtende wöchentliche Leerung der Restmüll- und der Biotonnen als Standard sei nicht mehr zeitgemäß und sollte abgeschafft werden, hieß es. Verbraucher sollten die Größe ihrer Tonnen und deren Abfuhrrhythmus selbst auswählen dürfen, sagte der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes NRW, Rik Steinheuer.
Eine Gebührenspanne gebe es auch beim Schmutz- und Regenwasser. Sie reicht laut der Analyse beim Schmutzwassergebührensatz von 1,45 Euro pro Quadratmeter in Reken bis zu 6,82 Euro pro Quadratmeter in Monschau. Beim Regenwasser liege der Gebührensatz pro Quadratmeter versiegelter Fläche zwischen 0,15 Euro in Schloß Holte-Stukenbrock und 2,20 Euro in Monheim am Rhein.
Historischer Anstieg bei Abwassergebühren
Am günstigsten sind die Abwassergebühren laut Steuerzahlerbund für einen Vier-Personen-Haushalt, der 200 Kubikmeter Frischwasser verbraucht und 130 Quadratmeter versiegelte Fläche aufweist, mit rund 330 Euro in Reken im Kreis Borken. Spitzenreiter ist Monschau mit 1.572 Euro. Im Durchschnitt seien die Abwassergebühren für den Musterhaushalt im Vergleich zum Vorjahr um mehr als sechs Prozent auf knapp 800 Euro gestiegen.
„Einen solchen Anstieg von über 6 Prozent hat es zuletzt 1995 gegeben“, sagte Steinheuer. Der Anstieg liege deutlich über der Inflationsrate von zuletzt 2,3 Prozent im Juli in NRW. Die Zahl der Kommunen mit einer Abwassergebühr von jährlich über 1.100 Euro habe sich gegenüber 2023 von 12 auf 25 mehr als verdoppelt. In acht Kommunen sei die Gebühr um über 30 Prozent gestiegen, darunter in Erftstadt (+58 Prozent), Bedburg-Hau (+50 Prozent) und Heinsberg (+40 Prozent).
Ausreizen von Spielräumen im Gesetz
„Der Trend zu immer höheren Abwassergebühren in Nordrhein-Westfalen kann und muss von der Politik gestoppt werden, um die Kosten rund ums Wohnen auf Dauer erschwinglich zu halten“, sagte Steinheuer. Landesweit sei zu beobachten, dass die Kommunen in diesem Jahr beginnen würden, die Spielräume des geänderten Kommunalabgabengesetzes, zunehmend auszureizen. Das wirke sich teils stark gebührensteigernd aus.
Das Land hatte das Gesetz nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom Mai 2022, das die alte Regelung als zu unkonkret bewertet hatte, geändert. Das OVG hatte in einem Musterverfahren gegen die Stadt Oer-Erkenschwick damals festgestellt, dass die Abwassergebühren dort überhöht kalkuliert worden waren. Einige Städte senkten nach dem Urteil ihre Sätze. Das neue Landesgesetz ermöglicht jedoch wieder höhere Gebühren.
In diesem Jahr gebe es laut Steuerzahlerbund aber auch Kommunen, in denen die Abwassergebühren gesunken seien, meist durch den Ausgleich von Kostenüberdeckungen aus Vorjahren. Rückgänge der Abwassergebühren zeigen sich beim Musterhaushalt etwa in Burscheid (- 10 Prozent), in Langerwehe (- 11 Prozent) und in Anröchte (- 10 Prozent).
Kritik vom Städte- und Gemeindebund
Kritik für den Gebührenvergleich kommt vom Städte- und Gemeindebund sowie dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Höhe von Abwasser- oder Müllgebühren müsse von Region zu Region und von Stadt zu Stadt verschieden sein, weil sie unterschiedliche Leistungen, Standorte und Rahmenbedingungen vor Ort berücksichtigten, sagte ein VKU-Sprecher.
Der Vergleich führe mehrfach in die Irre, hieß es vom Städte- und Gemeindebund NRW. „Insbesondere bei den Abfall- und Abwassergebühren kann die Höhe der Gebühr nur bei Städten und Gemeinden verglichen werden, die über eine deckungsgleiche geografische Ausgangslage und das gleiche Leistungsangebot verfügen“, kritisierte deren Hauptgeschäftsführer Christof Sommer.
Er argumentierte aber auch mit steigenden Kosten. So müssten Abwasserbetriebe zum Beispiel für Chemikalien zur Abwasserreinigung auf der Kläranlage deutlich höhere Preise zahlen. „Zur Wahrheit zählt, dass auch die öffentliche Daseinsvorsorge nicht für umsonst zu haben ist und stetig steigende Kosten durch Inflation oder Klimaanpassung einpreisen muss“, sagte Sommer.
Die Stadt Münster erklärte, dass der Abfallgebührenvergleich die Realität in Münster nicht aussagekräftig abbilde. Die in der Stadt zugrunde liegenden Behältergrößen und Gebühren würden im Vergleich nicht hinreichend berücksichtigt. Die Realität eines durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalts in Münster sehe nach Berechnung des kommunalen Entsorgungsunternehmens AWM für die Verwertung und Entsorgung von Bio- und Restabfällen Kosten von rund 277 Euro pro Jahr vor. Das sei unter dem Landesdurchschnitt.