Haushalts-Einigung: Wo früher Wumms war, ist heute nur noch Bodensatz

Die Spitzen der Koalition haben sich auf einen Haushaltsentwurf verständigt. In letzter Minute. Das Ergebnis ist in der Sache wie politisch nicht überzeugend. 

Politiker, die sich volksnah geben wollen, sprechen in Haushaltsfragen gerne die Bürger direkt an. Jeder kenne das doch von zuhause, hat zum Beispiel FDP-Fraktionschef Christian Dürr jüngst wieder gesagt: Man muss mit dem Geld auskommen, das da ist. Und genau so solle das auch in der Politik sein, zum Beispiel wenn die Bundesregierung einen Etatentwurf für 2025 aufstellt.

Genau so ist es aber gerade nicht, auch wenn die Regierung das nun wieder behaupten wird, nachdem sich Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner mal wieder endgültig geeinigt haben. Zu den 23 Treffen und 80 Stunden, die schon für einen ersten Entwurf bis Anfang Juli nötig waren, sind nun offenkundig noch einmal mehrere Stunden und zahllose Telefonate hinzugekommen, nachdem klar war, dass wieder einmal die rechtliche Grundlage der Ampel-Kassenführung wackelt. Doch das Ergebnis ist nicht überzeugend – nicht wirklich in der Sache und schon gar nicht politisch.

Die Sommerpause durchgestritten – wegen einem Prozent des Haushaltsvolumens 

Man muss sich das nochmal klar machen: Die Aufstellung des ersten Haushaltsentwurfs war bereits ein nahezu beispielloses Gezerre, das die Koalition an den Rand des Scheiterns brachte. Und trotzdem gingen jetzt für nur ein fehlendes Prozent des Haushaltsvolumens noch einmal Tage und Wochen ins Land, verhandelten die Koalitionsspitzen in einer Zeit, in der sie eigentlich Urlaub hätten machen sollen. Ein solcher Regierungsstil ist nicht mehr zu erklären mit der Unterschiedlichkeit der drei Parteien, sondern nur noch mit ihrer Unfähigkeit zu einer überzeugenden Kompromissbildung. 

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Im Kern hat sich die Koalition nun neben ein paar komplizierten Buchungstricks darauf verständigt, den hinnehmbaren Fehlbetrag im Haushalt um mehrere Milliarden höher zu veranschlagen als ursprünglich vorgesehen. Dieser Fehlbetrag trägt tatsächlich ganz offiziell den Namen „Globale Minderausgabe Bodensatz“. Das heißt: Man geht davon aus, dass vom veranschlagten Etat eine bestimmte Summe sowieso nicht ausgegeben und somit eingespart wird – der Bodensatz  oder das fehlende Geld durch eine günstige wirtschaftliche Entwicklung, letztlich durch höhere Steuereinnahmen doch noch in die Kassen fließt.

Das ist ein durchaus gängiges und auch aus Erfahrung mit dem Haushaltsvollzug begründbares Instrument. Allerdings ist es schon erstaunlich, dass die Koalition diese Globale Minderausgabe Bodensatz nicht nur binnen weniger Wochen um ein ganzes Drittel steigert, in denen zum Beispiel die Wirtschaft nicht viel Anlass zu neuer Hoffnung gegeben hat. Bemerkenswert ist auch, dass die Regierung diesen Bodensatz am Ende nicht nur auf Rekordhöhe ansetzt, namentlich zwölf Milliarden Euro, sondern auch deutlich höher, als sie es selbst in Aussicht gestellt hatte. Eigentlich hatte man einstellig bleiben wollen. Anders gesagt: Weil sie zur Politik nicht mehr wirklich fähig ist, ersetzt die Ampel Politik durch Hoffnung. 

Der finanzpolitische Niedergang der vergangenen Jahre bildet sich auch sprachlich eindeutig ab. Früher prahlte Olaf Scholz noch mit Instrumenten, die er Bazooka nannte, den Wumms oder gar den Doppelwumms. Heute heißt der finanzpolitische Schlüsselbegriff – passend zu einer Koalition, die politisch wirklich ganz unten angekommen ist – Globale Minderausgabe Bodensatz.