Bundesinnenministerin Nancy Faeser will dem BKA heimliche Wohnungsdurchsuchungen genehmigen. Eine Rechtsanwältin sagt im Interview, wem das droht und was sie von dem Vorstoß hält.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will dem BKA erlauben, künftig heimlich Wohnungen zu betreten und zu durchsuchen. Wie bewerten Sie als Strafverteidigerin diesen Schritt?
Ich sehe das aus beruflicher Sicht kritisch. Die Heimlichkeit von staatlichen Eingriffsmaßnahmen ist in einem Rechtsstaat die absolute Ausnahme und bedarf besonderer Rechtfertigung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht 2007 in einer Entscheidung zur Kontenabfrage klargestellt. Außerdem sehe ich die Gefahr, dass die Regelung ausgeweitet wird. Heute geht es um Terrorverdächtige, Übermorgen dann vielleicht um Verdächtige in Missbrauchsfällen.
Eder JVA-InterviewWen betrifft die geplante Gesetzesänderung überhaupt?
Ich habe den Gesetzentwurf noch nicht lesen können. Aber soweit ich die Medienberichte verstehe, geht es erst einmal nur um Terrorverdächtige.
Wer sind denn nach aktueller Gesetzeslage Terrorverdächtige?
Da gibt es keine genaue Definition. In Paragraf 5 des BKA-Gesetzes ist die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus definiert und in Paragraf 129a des Strafgesetzbuches die Bildung einer terroristischen Vereinigung. Aus diesen beiden Paragrafen kann man dann herleiten, um welche Menschen beziehungsweise welche Taten es geht.
Alexandra BraunAndere Verdächtige haben also vorerst keine heimlichen Durchsuchungen zu fürchten?
Soweit ich das momentan beurteilen kann: nein.
Glauben Sie, die Gesetzesänderung findet im Bundestag die erforderliche Mehrheit?
Da bin ich ziemlich sicher, ja. Angesichts der momentanen Situation und der Angst vor Terror erwarte ich nicht einmal von den Grünen, dass sie intervenieren.
Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung künftig weiter aufgeweicht und die BKA-Regelung auf andere Straftatbestände ausgeweitet wird?
Ich denke schon, dass die aktuelle Initiative nur ein erster Schritt ist und früher oder später auch andere Verdächtige heimliche Wohnungsdurchsuchungen zu befürchten haben.