Wer sich an einem lauschigen Sommerabend einen Aperol Spritz bestellt, ist in guter Gesellschaft. Ein Getränk, auf das sich alle einigen können.
Die Sonne bricht sich in den runden Gläsern, die mit einer orangegelben Flüssigkeit gefüllt sind, vom Eisdunst beschlagen, feine Bläschen steigen auf. Die Farbe des Drinks erinnert an den perfekten Sonnenuntergang. Darin eine Scheibe Orange und ein Strohhalm, an dem, so scheint es, die ganze Stadt schlürfend ihren Sommerdurst stillt – mit Aperol Spritz.
Gianfranco Gurrieri betreibt gemeinsam mit seiner Partnerin Mireen Thimm die Panineria d’artista auf dem Poelchaukamp in Hamburg-Winterhude. Hier gibt es fast so viele Brücken wie italienische Restaurants und Bars, weshalb Anwohner schon von Little Venice sprechen. Gurrieri, gebürtiger Sizilianer, weiß genau, um die Beliebtheit des Getränks. Bis zu 200 Gläser Aperol Spritz schenkt er an einem sonnigen Freitagabend aus: „Unsere Kunden sind verrückt nach Aperol Spritz. Er verkörpert ein Lebensgefühl, Italien, Dolce Vita.“
Aperol: Die Rezeptur hat sich seit 1919 nicht verändert
Aperol Spritz ist das Trendgetränk schlechthin, kein anderer Drink prägt das Stadtbild deutscher Cafés, Bars und Restaurants so sehr wie der bittere Aperitif, der bereits vor über 100 Jahren erstmals ausgeschenkt wurde, über Nacht wurde er zum Hit. Heute zählt der Cocktail zu den meistverkauften Drinks weltweit. Laut Statista wurden im Jahr 2023 global insgesamt rund 9,6 Millionen Einheiten von Aperol zu je 9 Liter Volumen verkauft. Damit ist er der absatzstärkste Magenbitter der Welt. Zu verdanken ist der Erfolg des Aperol zwei Brüdern aus Italien: Silvio und Luigi Barbiere waren es, die 1919 den Aperol exklusiv für eine internationale Messe in Padua entwickelt haben. Seitdem hat sich die Rezeptur nicht mehr verändert.
Eine völlig unprätentiöse Geschichte, aber genau darin liegt ihr Zauber. Aperol, der heute zur Campari-Gruppe gehört, ist ein Destillat aus Rhabarber, Chinarinde, Gelbem Enzian, Bitterorange und aromatischen Kräutern. Das Aroma: bittersüß. Zum klassischen Aperol Spritz wird er mit Prosecco, Soda-Waser und Eis. Eine Scheibe Orange rundet den Drink ab. Nicht bei Gurrieri: „Bei uns kommt nur Prosecco zum Aperol – kein Sodawasser – und sehr viel Eis, Eis mit einem Loch“, sagt der Betreiber der Aperitivo-Bar. „Es ist wie beim Essen: Sind die Zutaten schlecht, schmeckt das Essen nicht. So verhält es sich auch beim Aperol Spritz. Du brauchst einen guten Prosecco, trocken, stark moussierend, sonst schmeckt er nicht“. Aperol Spritz Alternativen 20.45
Wunderbar zum „Day Drinking“
Der Name Aperol leitet sich aus dem Französischen ab und beruht auf dem Wort „Aperitif“. Die Spirituose soll appetitanregend wirken, deshalb eignet sich der Drink auch hervorragend vor dem Essen als Tagesdrink. Das „New York Magazine“ titelte einst, dass der Spritz völlig solide und wunderbar zum „Day Drinking“ geeignet sei. Und tatsächlich: an Bodenständigkeit fehlt es dem Drink nicht. Er ist nicht zu kompliziert, er ist nicht der beste Drink, aber unaufgeregt.
Der Spritz, den man auch als Sprizz oder Veneziano kennt, geht vermutlich auf das österreichische Getränk „Gespritzer“ zurück. So nennt man Schorlen aus Wein und Mineralwasser. Die Norditaliener haben den Begriff dann einfach für ihre Zwecke entlehnt. Sowie sich die Deutschen den Drink zu eigen gemacht haben: das Aperölchen, wie wir es hier liebevoll nennen, fast ein deutsches Getränk.
Ein bisschen italienisch sein
Der Drink verkörpert für die Deutschen ein Gefühl von Italienurlaub – vielleicht stillt jeder Schluck des bittersüßen Getränks die Sehnsucht davon, selbst ein bisschen italienisch zu sein. Jedes Jahr versuchen neue Varianten den Rang des Bestsellers abzulaufen: Campari Spritz, Limoncello Spritz und seit geraumer Zeit die Neuentdeckung Sarti Spritz, ein Fruchtlikör aus Mango, Maracuja und Blutorange. Aber der eine ist zu bitter, der andere zu süß oder zu künstlich. „Aperol Spritz bleibt unangefochten die Nummer eins“, sagt Gurrieri.
Der Aperol Spritz als Getränk der Mitte, für Menschen vom Land bis in die Großstadt, der Volkswagen unter den Drinks. Ein Drink, auf das sich die Gesellschaft geeinigt hat. Ein Import aus dem Land, das Weltmeister des Genusses und der Kulinarik ist. Seien wir ehrlich: Italien geht immer.