Ein Fall in Mannheim im Mai 2022 löste eine politische Diskussion über den Umgang von Polizisten mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen aus. Eine Entscheidung des BGH dazu stand noch aus.
Im Fall eines tödlichen Polizeieinsatzes in Mannheim vor mehr als zwei Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch eines der Beamten durch das zuständige Landgericht bestätigt. Das Gericht hatte im März entschieden: Das Vorgehen der beiden angeklagten Polizisten im Mai 2022 am Marktplatz war im Wesentlichen gerechtfertigt. Ein Beamter wurde freigesprochen, sein Kollege wurde zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt. Über die Revision der Nebenklage in Bezug auf den verurteilten Beamten hat der BGH in Karlsruhe nach Auskunft einer Sprecherin bisher nicht entschieden.
Zwar wäre das psychisch kranke Opfer ohne den gewaltsamen Einsatz der beiden Polizisten nicht gestorben, sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht Mannheim damals. Der 47 Jahre alte Patient des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) sei aus Sicht seines Arztes an jenem Tag aber in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen. Der Mediziner habe die Polizei gerufen, weil er befürchtet habe, dass sich der Patient selbst gefährde.
Gefahr für die öffentliche Sicherheit
Die Polizisten seien nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, den herzkranken Mann auch gegen seinen Willen in das ZI zurückzubringen. Polizeirechtlich gesehen habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorgelegen. Auch hätten sich die Polizisten im Einsatz gegen Angriffe des späteren Opfers verteidigen dürfen.
Auf diversen Videos unter anderem von Überwachungskameras ist zu sehen, wie einer der Polizisten das spätere Opfer ergreift und wie sich der Mann losreißt, bevor er überwältigt wird. Der Beamte bringt den Mann gemeinsam mit seinem Kollegen zu Boden, er fixiert den auf dem Bauch Liegenden mit dem Knie und versetzt ihm Faustschläge ins Gesicht. Der überwältigte Mann blutet aus der Nase und bleibt liegen.
Der Mann war im Krankenhaus gestorben – einem Gutachten der Verteidigung zufolge durch einen Herzstillstand nach einem Kreislaufversagen.
Körperverletzung im Amt
Allerdings verurteilte das Landgericht einen der beteiligten Beamten, einen damals 27 Jahre alten Polizeioberkommissar, wegen Körperverletzung im Amt zu 120 Tagessätzen zu 50 Euro. Er hatte den am Boden liegenden Mann noch viermal mit der Faust geschlagen. Die Schläge seien „keine gebotene Verteidigungshandlung“ gewesen, urteilte das Gericht.
Die Nebenkläger hatten das Urteil damals massiv kritisiert. Der Mann sei ein ängstlicher, verwirrter Mensch gewesen, der versucht habe, sich einer für ihn bedrohlichen und unerklärlichen Situation zu entziehen und dem später nicht geholfen worden sei, sagte einer der beiden Anwälte der Nebenkläger.