Olympische Spiele in Paris: „Geschichte geschrieben“: Basketballer im Halbfinale

Nun ist auch die dritte Medaille seit 2022 ganz nah. Gegen starke Griechen trotzen Deutschlands Basketballer wieder allen Widerständen. Kapitän Schröder sieht das Team als eine Familie.

Franz Wagner war in Plauderlaune, da rief ihn sein älterer Bruder Moritz nach dem erstmaligen Halbfinal-Einzug der deutschen Basketballer bei Olympia zur Räson. „Auf geht’s. Wir müssen los“, schrie Moritz Wagner, Franz beantwortete da noch die Fragen der Journalisten. Doch Weltmeister Deutschland hat in Paris noch etwas vor, es soll noch lange nicht Schluss sein. Das große Ziel ist weiter eine Medaille, die nach dem 76:63 gegen Griechenland im Viertelfinale nun ganz nah ist. Im Halbfinale geht es gegen Olympia-Gastgeber Frankreich.

„Wir haben bereits Geschichte geschrieben“, sagte Kapitän Dennis Schröder. „Es ist großartig, mit diesem Team anzutreten. Wir sind wie eine Familie“, sagte der Aufbauspieler der Brooklyn Nets. Eine familiäre Stimmung hatten sie im Nationalteam stets auch zu Zeiten von Dirk Nowitzki. Doch die Qualität im deutschen Team war selbst zu Zeiten von WM-Bronze 2002 und EM-Silber 2005 bei weitem nicht so groß wie in der aktuellen Mannschaft.

Ausgeglichenheit als große Stärke

Vor allem die Ausgeglichenheit auf höchstem Niveau ist es, die Deutschland wie schon beim WM-Coup im vergangenen Jahr durch das Turnier trägt. „Die Stärke ist, dass wir ein Team sind. Wir haben zwei Superstars mit Dennis Schröder und Franz Wagner, aber vor allem sind wir ein Team. Jeder akzeptiert seine Rolle, das macht die Mannschaft stark“, sagte Erfolgscoach Gordon Herbert.

Für den Kanadier hätte es das letzte Spiel als Bundestrainer sein können. Herbert wechselt nach Olympia zum deutschen Double-Gewinner Bayern München in die Bundesliga. Ein Viertelfinal-Aus gegen Griechenland hätte die beispiellose Zeit des 65-Jährigen abrupt beendet.

Bundestrainer bleibt cool

Anzumerken war Herbert diese spezielle Situation nicht. Auch als sein Team einen kapitalen Fehlstart in die Partie hinlegte und früh mit zwölf Punkten hinten lag, blieb Herbert cool. „Der Trainer ist nie hektisch geworden. Wir sind cool geblieben. Nach dem ersten Viertel haben wir uns gesagt, das war unser schlechtes Viertel, jetzt legen wir los“, sagte Co-Kapitän Johannes Voigtmann.

Und so gehen die deutschen Basketball-Festspiele in Paris weiter. Nach dem sensationellen Gold-Coup der 3×3-Spielerinnen kämpfen auch die Weltmeister um die Medaillen. Am Donnerstag wartet das Halbfinale gegen Victor Wembanyama und sein Team. In einem möglichen Finale würde sehr wahrscheinlich gegen Topfavorit USA gehen.

Nach Bronze bei der Heim-EM 2022 und Gold bei der WM im vergangenen Jahr ist für die Herren damit das dritte Edelmetall in kurzer Zeit greifbar. Am Mittwoch haben zudem die deutschen Frauen noch die Chance, ins Halbfinale einzuziehen. Um 18.00 Uhr geht es gegen Gastgeber Frankreich.

Deutschland verschläft den Start

Das Herbert-Team hatte am Tag zuvor noch mit den 3×3-Damen auf ihrem Weg zum Olympiasieg mitgefiebert. Beim Halbfinale am frühen Montagabend hatten Franz und Moritz Wagner das deutsche Quartett sogar in der Arena am Place de la Concorde angefeuert. „Riesenglückwunsch an die Mädels“, sagte Franz Wagner. „Es war eine tolle Erfahrung und es hat mich extrem für sie gefreut.“

Den Rausch der ersten deutschen Basketball-Medaille bei Olympia konnte die deutsche Mannschaft zunächst aber nicht mitnehmen. Ganz im Gegenteil. Schröder und Co. wirkten vor Nowitzkis Augen anfangs schläfrig, unkonzentriert und behäbig. Die Defensive, bei der beeindruckenden Vorstellung gegen Gastgeber Frankreich zum Vorrunden-Abschluss in Lille noch das Prunkstück, zeigte dieses Mal ungekannte Lücken.

Zweite Reihe trumpft wieder auf

Vor allem NBA-Star Giannis Antetokounmpo nutzte das zu einigen spektakulären Dunks. Nach dem ersten Viertel lag Deutschland verdient mit zehn Punkten zurück (11:21). Doch dann steigerten die deutsche Auswahl die Intensität und glich die Partie bis zur Pause wieder aus (36:36).

Die Neuauflage des EM-Viertelfinals von 2022 blieb aber eine sehr zähe Angelegenheit. In Isaac Bonga und Johannes Thiemann waren es schließlich Spieler aus der zweiten Fünf, die neben Jungstar Franz Wagner mit wichtigen Dreiern und viel Energie die Partie in die richtigen Bahnen lenkten.

Wie beim Gold-Coup bei der WM im vergangenen Jahr überstanden Schröder und Co. damit einen schwächeren Auftritt unbeschadet. 2023 hatte es einen Zittersieg im Viertelfinale gegen Lettland gegeben. Moritz Wagner überraschte das nicht: „Das ist ja nicht Regionalliga hier“, sagte der NBA-Profi von den Orlando Magic, ehe er mit seinem Bruder wieder im Olympischen Dorf verschwand.