Der Wiederaufbau der Garnisonkirche ist wegen ihrer dunklen Vergangenheit umstritten. Jetzt wird der Turm eröffnet und soll ein Demokratieforum werden. Besucher können auch die Aussicht genießen.
Wer die Treppe zur Aussichtsplattform im neuen Garnisonkirchturm nimmt, kann auf den vermauerten Ziegelsteinen die Namenszüge vieler Spender lesen. Zu den prominentesten gehört wohl Angela Merkel. Aber auch die britische Königin Elisabeth II. hatte 2015 sozusagen die Patenschaft für einen Stein übernommen. Da war der Streit um die Garnisonkirche in Potsdam und die Frage, ob man das Gotteshaus mit einer so schwierigen Vergangenheit wieder aufbauen darf, längst im Gange.
Es galt als Symbol der Verbindung von Preußentum und Nationalsozialismus. Doch nach siebenjähriger Bauzeit steht nun die Eröffnung des Turms mit barocker Fassade und modernem Innenleben bevor.
Am 22. August wird er mit einem Festakt eingeweiht, zu dem auch der Bundespräsident und Schirmherr des Wiederaufbaus, Frank-Walter Steinmeier, erwartet wird. Das kündigten der Programmvorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, der evangelische Pfarrer Jan Kingreen, und Verwaltungsvorstand Peter Leinemann an.
Neuer Aussichtsturm mit Blick über Potsdam
Die Besucher können einen Tag später, ab 23. August, erstmals einen Rundumblick auf der 57 Meter hohen Aussichtsplattform genießen – über Treppen oder Aufzug erreichbar. Bei guter Sicht reicht der Blick bis nach Berlin. „Neues Highlight im Herzen von Potsdam“ heißt es auf Werbeplakaten, die auch in der Hauptstadt hängen sollen. Die Stiftung erhofft sich jährlich 80.000 bis 90.000 Besucher im Turm.
Eine Dauerausstellung mit dem Titel „Glaube, Macht und Militär“ soll sich kritisch mit der schwierigen Geschichte der einstigen Militärkirche und den politischen Entwicklungen befassen. Auch eine Kapelle und Seminarräume für Bildungsarbeit gibt es im Turm. Die evangelische Kirche will damit einen Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung schaffen.
Kirche in der DDR gesprengt
Die 1730 bis 1735 erbaute Garnisonkirche – ein Bauwerk des norddeutschen Barock – war prägend für Potsdams Stadtbild. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie schwer zerstört und 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt. Die Arbeiten für den Neubau des Turms, der außen dem historischen Original nachempfunden ist, begannen im Jahr 2017 – begleitet von Protesten von Gegnern. Erste Initiativen für das Projekt liegen viel länger zurück.
Kritiker befürchten Identifikationsort der Rechten
Die Rekonstruktion der historischen Garnisonkirche ist seit Jahren umstritten. Kritiker sehen darin ein Symbol des Militarismus und einen Identifikationsort rechter Kräfte. Sie verweisen auf den historischen „Tag von Potsdam“ im März 1933, als Reichspräsident Paul von Hindenburg vor der Garnisonkirche dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler die Hand reichte.
Kritiker wie die Initiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ und der „Lernort Garnisonkirche“ der christlichen Martin-Niemöller-Stiftung kämpften seit Beginn der Planungen gegen den Wiederaufbau, weil sie erneut einen Sammlungsort der Rechten befürchten.
Verwaltungsvorstand Leinemann sagte: „Ich halte das, was die AfD an Kampagnen, an Lügen und an plakativen Äußerungen macht, für absolut unerträglich. Aber es ist eben auch eine Herausforderung. Und dieser Herausforderung wollen wir uns eben auch an diesem Ort stellen – mit Fakten und mit Vermittlung.“
Millionen-Bau aus Bundesmitteln und Spenden finanziert
Die Baukosten, die laut Stiftung rund 42 Millionen Euro betragen, finanziert überwiegend der Bund. Etwa 30 Prozent der Summe seien durch Spenden zusammen gekommen, so Programmvorstand Kingreen. Interessierte können nicht nur für Ziegelsteine (100 Euro) spenden, sondern auch für Treppenstufen (2.500 Euro und 5.000 Euro) im Turm, von denen es 365 gibt. Viele Unterstützer sind bereits mit ihrem Namen auf Plaketten an der Treppe verewigt. Bei den Steinen seien etwa 6.000 gespendete Exemplare vermauert, sagte Kingreen.
Bauprojekt geht weiter
Ganz fertig ist der Turm aber noch nicht. Eine 30 Meter hohe Haube mit Wetterfahne muss noch gefertigt werden. Sie soll laut Stiftungsvorstand 2026 auf das Bauwerk kommen – mit dann fast 90 Metern das höchste Gebäude Potsdams.
Gewissermaßen als Provisorium wirken auch die acht Turmfenster, die mit Plexiglas verschlossen sind. Eigentlich vorgesehene Holzlamellen seien für rund 300.000 Euro zunächst zu kostspielig, sagte Kingreen. Auch vom Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist beim Stiftungsvorstand kaum noch die Rede.
Tickets sind jetzt online buchbar
Turm-Tickets sind bereits online über die neue Internetseite buchbar. Der Eintritt kostet zwölf Euro für die Ausstellung und die Aussichtsplattform, das „Potsdam Panorama“. Ermäßigt sind es sieben Euro. Auf die Besucherplattform passen maximal 60 Menschen gleichzeitig.