Beats-Chef Oliver Schusser: „Beats darf und will anders sein“

Die Kopfhörermarke Beats war überall. Nach einer ruhigen Phase legt die Tochterfirma von Apple nun wieder los. Der stern sprach mit ihrem Chef Oliver Schusser auch darüber, warum die Produkte heute anders klingen.

Herr Schusser, sie leiten seit 2018 Apples Musikgeschäft und seit 2020 auch noch die Tochterfirma Beats. Nach einigen ruhigeren Jahren legt Beats nun plötzlich richtig los. Was ist passiert?
Vor vier Jahren haben wir festgestellt, dass ein paar unserer Produkte etwas in die Jahre gekommen waren. Die Marke war ein wenig am Einschlafen. Wir haben uns dann ein paar Monate lang überlegt, was wollen wir machen? Und dann haben wir entschieden: Wir wollen jetzt richtig Gas geben, sehen uns als eine Premium Brand. Und der einzige Weg zum Erfolg ist für uns über gute Produkte.

Das war bei Beats nicht immer so.
Die Marke war damals unangefochten cool. Sie stand aber nicht unbedingt für die beste Produktqualität. Und wir haben dann entschieden: Wenn wir ins Premiumsegment wollen, muss alles in den Produkten hochqualitativ sein. Vom Gewicht, dem Sound, der Batterie, der Größe, aber auch der Verpackung.

Sie haben eine Sonderposition im Konzern: Beats ist die einzige Apple-Tochter, die Hardware unter eigenem Namen vertreibt. Kann und darf Beats Dinge anders machen, als Apple sie tun würde?
Darf und will. Ich würde eher sogar sagen: will. Beim Thema Marketing kann Beats als Marke natürlich innovativer sein und Dinge schneller auf die Straße bringen als ein großer Konzern wie Apple.

Die Marke war damals unangefochten cool

Sie meinen Strategien wie selbst platzierte Leaks – etwa als Lebron James im Frühjahr mit Beats neuer Bluetooth-Box Pill gesehen wurde, obwohl die noch nicht einmal angekündigt worden war?
Bei Apple verstecken wir die Produkte bis zum Launch, bei Beats machen wir das etwas anders. Wenn etwa die neue Pill rauskommt, wollen wir nicht warten, dass irgendwelche Journalisten da Hinweise entdecken. Wir drücken sie Lebron James in die Hand. Und wenn der dann beim Lakers-Spiel damit auftaucht, dann sorgt das für Aufmerksamkeit. Das macht einfach Spaß.

Allgemein setzen Sie stark auf Sportler und Musiker.
Die Zusammenarbeiten führen immer zu Kreativschüben auf beiden Seiten, weil jeder sagt: Da machen wir was richtig Cooles. Beim Superbowl hat das ganze Team eine Limited Edition bekommen. Für Lionel Messi und sein Inter Miami haben wir das auch gemacht. Die sind dann nicht für den Verkauf, aber das machen wir wirklich viel.

Beats war einige Jahre der König der Kopfhörer, man sah sie quasi überall. Dann brachte Apple die Airpods heraus – und verdrängte Beats vom Thron. Hat das Einschlafen der Marke, wie sie es nannten, auch mit dem überraschenden Erfolg des Mutterkonzerns zu tun?
Wir vergleichen uns nicht wirklich mit AirPods oder einer anderen Marke. Daher haben wir das damals nicht als entscheidende Ursache ausgemacht. Man kann es aber sicher als einen Faktor sehen. Wir haben den In-Ear-Markt damals vielleicht übersehen oder unterschätzt.

Das haben Sie in den letzten Jahren nachgeholt: Gerade haben Sie die dritte In-Ear-Variante herausgebracht. Wie passen die gerade eingeführten Einsteiger-Kopfhörer Solo Buds in die Premium-Strategie?
Wir hatten ja nichts im Bereich unter 100 Euro. Da wollten wir hin. Es ist ein großes Marktsegment, die Produkte sind qualitativ aber eher unterdurchschnittlich. Und wir sagten uns: Da wollen wir, was Batterie und Soundqualität angeht, richtig nachlegen. 

„Beats ist in den USA nach Apple die größte Audiomarke“

Apple ist ja mittlerweile ein großer Kopfhörer-Player, bietet selbst mehrere In-Ear-Modelle und einen Bügelkopfhörer an. Müssen Sie da bei neuen Produkten Rücksicht nehmen?
Wir sehen uns gar nicht so als Wettbewerber. Beats ist in den USA nach Apple die größte Audiomarke auf dem Markt – und Beats ist größer als die nächsten neun zusammen. Beats und AirPods sind zwei verschiedene Teams, es ist aber nicht so, dass wir uns strategisch hinsetzen und das aufteilen. Auch wenn wir voneinander natürlich wissen, was die anderen machen.

Einige Modelle wie die Beats Buds Pro erinnern aber auch vom Namen an Apples Airpods Pro – haben dann aber etwa kein kabelloses Laden. Ist das eine bewusste Abgrenzung?
Wir haben einfach unterschiedliche Zielgruppen. Es ist nicht so, dass wir uns absprechen: Dieses Feature macht ihr, dieses wir. Wireless Charging ist ein gutes Feature, aber ich bin mir nicht sicher, ob der Beats-Kunde das schätzt. Vom Bauteil her ist es kein günstiges Feature und würde den Preis vermutlich erhöhen. Und ob die Kunden es dann so dringend wollen, bin ich jetzt nicht sicher.

Eines der wichtigsten Charakteristika von Beats war früher der markante Klang – der aber auch viel kritisiert wurde.
Wir haben den Sound nochmal richtig neu definiert. Das war früher sehr basslastig, sehr jung, sehr aus dem Hiphop. Das haben wir in den letzten Jahren angepasst und modernisiert. Auch wenn wir immer noch gerne eine Kampagne mit Lil‘ Wayne machen.

Bei dem ebenfalls von Ihnen geleiteten Musikdienst Apple Music setzen Sie zunehmend auf räumlichen Klang, um sich von Konkurrenten wie Spotify abzusetzen. Das sogenannte Spatial Audio funktioniert aber auch auf Kopfhörern der Konkurrenz. Wäre das nicht eine Strategie gewesen, mehr eigene Kopfhörer zu verkaufen? 
Uns war wichtig, dass der Großteil der Airpods und Beats das unterstützt. Wenn man einen neuen Standard etabliert und die Kunden erst 10.000 Euro an Audio-Equipment dafür brauchen, kommt man nicht besonders weit.