Die Premierenwoche bei den Bayreuther Festspielen ist geschafft. Es geht ruhig und gelassen zu – außer rund um den „Ring des Nibelungen“.
Starke Sängerinnen und Sänger, gefeierte Profis am Dirigentenpult: Es lief weitgehend rund in der Premierenwoche der Bayreuther Festspiele. Alle Vorstellungen „waren und sind ausverkauft. Die Stimmung ist hervorragend“, teilte Festivalchefin Katharina Wagner auf Anfrage mit.
Wären da nicht die erneuten Buhrufe gegen das Konzept von „Ring“-Regisseur Valentin Schwarz. Seine Ideen, den „Ring“ von jeglicher Mythologisierung zu befreien, und das Bayreuther Publikum – eine große Liebe wird das nicht mehr, wie bei der Wiederaufnahme-Premiere der „Götterdämmerung“ deutlich wurde. Es gab zwar auch Applaus, doch den Unmut bekam Schwarz dennoch sehr deutlich zu hören.
Drei Dirigentinnen, zwei Dirigenten
Es ist erst drei Jahre her, als die erste Dirigentin bei den Bayreuther Festspielen debütierte. Oksana Lyniv eroberte sogleich die Herzen des Publikums. Im Vorjahr kam noch Natalie Stutzmann dazu, in diesem Jahr nun für den vierteiligen „Ring des Nibelungen“ Simone Young.
Drei Dirigentinnen und zwei Dirigenten – Semyon Bychkov für „Tristan und Isolde“ und Pablo Heras-Casado für „Parsifal“ – bilden das musikalische Rückgrat: Und enttäuschten allesamt nicht. Young wurde als musikalische Chefin des „Ring“ überschwänglich gefeiert, ebenso Lyniv in der routinierten „Holländer“-Inszenierung und Stutzmann im von Publikum und Kritik verehrten „Tannhäuser“ in der Version von Tobias Kratzer. Man wird die Inszenierung schmerzlich vermissen im kommenden Jahr.
Stabile Stimmen
Die Besetzung der Partien durfte in diesem Jahr zumeist als gelungen eingestuft werden. Gab es in den Vorjahren noch häufig kurzfristigere Absagen und spontane Umbesetzungen, herrschte in diesem Jahr weitgehend Ruhe auf den Besetzungslisten. Katharina Wagner kann auf ein stabiles Stimmen-Gerüst setzen mit Protagonistinnen und Protagonisten, die den Bayreuther Festspielen teils schon seit vielen Jahren verbunden sind. Andreas Schager besetzt die Titelpartie in „Tristan und Isolde“ ebenso wie in „Parsifal“. Klaus Florian Vogt ist Siegfried im „Ring“ und der Titelheld im „Tannhäuser“. Elisabeth Teige überzeugt weiterhin als Senta im „Holländer“ und singt die Elisabeth im „Tannhäuser“. Catherine Foster gibt eine mitreißende Brünnhilde im „Ring“.
Routine hilft im Festspielhaus – zu sehen auch bei Michael Volle, der die Titelpartie im „Fliegenden Holländer“ sang, obwohl er beim Laufen auf eine Krücke angewiesen war. Die Zuschauerinnen und Zuschauer honorierten es mit viel Applaus. Nun müssen alle durchhalten bis zum 27. April. Katharina Wagners Wunsch: „Weiterhin so begeisternde Vorstellungen und keine krankheitsbedingten Ausfälle.“
Raus aus dem Haus
Über die Zukunft der Festspiele wurde bereits im Vorfeld diskutiert: Die Gedankenspiele von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), ob man das streng begrenzte Programm im Festspielhaus (nur zehn Werke Wagners) nicht erweitern könnte um andere Komponisten, entfachten einen kleinen Zoff zwischen Bund und Freistaat Bayern. Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Markus Blume (beide CSU) gaben die Gralshüter des Bayreuth-Kanons. Dabei ist außerhalb des Festspielhauses längst mehr geboten, „Wagner für Kinder“ etwa oder im dritten Jahr ein Open Air bei freiem Eintritt und in Picknick-Atmosphäre. Bei bestem Wetter strömten bei den beiden Terminen in diesem Jahr zahlreiche Menschen in den Festspielpark. Das Format habe sich mittlerweile etabliert, sagte Wagner. Das Publikum reise zum Teil extra für das Open Air nach Bayreuth. Und zu hören gab’s vom Festspielorchester und Solistinnen und Solisten beileibe nicht nur Wagner.