Nachdem sich US-Vizepräsidentin Kamala Harris die demokratische Präsidentschaftskandidatur gesichert hat, wird mit Spannung ihre Entscheidung für den Vizepräsidentschaftskandidaten erwartet. Hoch im Kurs steht unter anderem der Gouverneur des möglicherweise wahlentscheidenden Bundestaates Pennsylvania, Josh Shapiro. Aber auch drei weitere Gouverneure, ein Senator und Verkehrsminister Pete Buttigieg wurden als mögliche Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten gehandelt.
Es wird erwartet, dass Harris bis Montag einen Kandidaten benennt. Am Dienstag will sie gemeinsam mit ihrem „Running Mate“ in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania auftreten. Die Auswahl des Vizepräsidentschaftskandidaten gilt als strategisch wichtige Entscheidung. Es geht dabei darum, möglicherweise entscheidende Stimmen in den für den Ausgang der Wahl Ausschlag gebenden Bundesstaaten – den sogenannten Swing States – zu gewinnen.
Sollte Harris die Präsidentschaftswahl am 5. November gewinnen, wäre sie nicht nur die erste Frau in dem Amt, sondern auch die erste Person mit asiatischen Wurzeln und das zweite schwarze Staatsoberhaupt. Beobachter halten es deswegen für wahrscheinlich, dass die 59-Jährige einen weißen Mann zum Vize macht – idealerweise mit Regierungserfahrung außerhalb von Washington -, um eine möglichst breite Wählerschaft anzusprechen.
Neben Shapiro gelten Roy Cooper, Gouverneur von North Carolina, Andy Beshear, Gouverneur von Kentucky und Tim Walz, Gouverneur von Minnesota als mögliche Wahl. Zudem wird Mark Kelly, Senator aus Arizona, als möglicher Vize-Kandidat gehandelt. Cooper, Shapiro und Kelly stammen aus Swing States. Beshear regiert in zweiter Amtszeit das eigentlich treu-republikanische Kentucky und könnte deswegen ein Schlüssel für die Eroberung des Weißen Hauses sein. Walz‘ Kandidatur könnte von Vorteil sein, weil sein Bundesstaat Minnesota eine ähnliche Wählerschaft aufweist wie die der Nachbarstaaten Michigan und Wisconsin, die bei Bidens Sieg 2020 eine wichtige Rolle gespielt haben.
Ebenfalls ins Spiel gebracht worden war Pete Buttigieg. Der homosexuelle Verkehrsminister gilt als eines der großen Talente der Demokraten. Die Kandidatur als Vizepräsident kommt für Buttigieg aber womöglich zu früh. Es würde viele US-Wähler überfordern, wenn neben einer Präsidentschaftskandidatin mit indisch-afroamerikanischer Identität ein Homosexueller antreten würde, lautet eine weitverbreitete Einschätzung.
Egal, wer Harris‘ Vize-Kandidat im Rennen gegen den Republikaner Donald Trump wird, der Entscheidungsprozess ist ungewöhnlich kurz. Normalerweise werden die Bewerber monatelang auf ihr Potential und ihre Skandalträchtigkeit geprüft.
Auch Harris Nominierung geschah im Schnellverfahren. Die derzeitige Vize-Präsidentin sicherte sich am Freitag bereits am zweiten Tag einer Online-Abstimmung ausreichend Delegiertenstimmen. Sie war aber auch die einzige Kandidatin auf dem Stimmzettel für das auf fünf Tage angesetzte elektronische Votum unter fast 4000 Delegierten.
„Wir werden diese Wahl gewinnen“, sagte die 59-Jährige, als sie sich per Telefon zu einer Parteifeier zuschaltete. Die Botschaft an die Menschen solle sein, „dass es bei unserer Kampagne um die Zukunft geht“, sagte Harris. Es gehe auch um die „Ausweitung von Rechten und Freiheiten“.
Üblicherweise werden die Präsidentschaftskandidaten der zwei großen US-Parteien auf Parteitagen offiziell nominiert. Der Parteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago ist nun aber nur noch dazu da, die beschlossene Kandidatur von Harris zu feiern.
„Jetzt, da sie unsere Kandidatin wird, könnte ich stolzer nicht sein“, gratulierte Präsident Joe Biden im Onlinedienst X. Eine seiner besten Entscheidungen sei es gewesen, Harris als Vizepräsidentin auszuwählen. Der 81-Jährige hatte am 21. Juli nach wochenlangen Diskussionen über seine geistige Fitness erklärt, doch nicht bei der Wahl anzutreten, und sich stattdessen für Harris ausgesprochen.
Ausgelöst worden war die Diskussion durch Bidens desolaten Auftritt bei einem TV-Duell gegen Trump. Nachdem der Präsident auf eine Kandidatur zur Wiederwahl verzichtet hatte, hatte Trump erklärt, an einer weiteren Debatte mit Harris werde er nicht teilnehmen.
Jetzt gab der Republikaner bekannt, dies doch tun zu wollen. Er habe mit dem Sender Fox News vereinbart, am 4. September mit der Demokratin zu debattieren, sagte der Ex-Präsident. Harris äußerte sich dazu bisher nicht.
Die Debatte werde im US-Bundesstaat Pennsylvania stattfinden und von Bret Baier und Martha MacCallum moderiert, erklärte Trump. Dabei werde Publikum anwesend sein. Der Sender Fox News bestätigte, dass die Debatte mit Zuschauern stattfinden werde und ähnlichen Regeln folgen würde wie die erste Debatte zwischen Trump und US-Präsident Joe Biden am 27. Juni im Sender CNN.
Die personelle Neuausrichtung bei den Demokraten ist für Trump eine Herausforderung. Mit Bidens Rückzug ging auch sein Vorsprung in den Umfragen zurück. Die Wahlkampfspenden für ihn im Juli fielen deutlich geringer aus als bei Harris.