Durch ein Zusammenspiel von Geröll, verschiedenen Temperaturen, Luftzug und Verdunstung bildet sich in einem Berg im Westerwald in tiefen Schichten Eis. Das sorgt im Sommer auch draußen für Kühle.
Während im Sommer vielerorts Schwitzen angesagt ist, bringt das Naturphänomen „Ewiges Eis“ nahe Dornburg-Frickhofen im Westerwald Abkühlung. Aus zwei Stollen am Fuße eines Geröllfeldes strömt kalte Luft.
Dieser Strom kann so kräftig sein, dass er ein Kerzenlicht zum Erlöschen bringt, wie Joachim Habel berichtet. Der pensionierte Lehrer und Heimatkundler leitet seit vielen Jahren Führungen rund um den Berg Dornburg im Kreis Limburg-Weilburg.
Schon wenn man sich an einem heißen Sommertag auf einem Waldweg auf die Stollen zubewegt, ist die Abkühlung deutlich spürbar. Direkt vor den Schächten kommt man in kurzer Kleidung nach einer Weile sogar ins Frösteln. Habel demonstriert den Temperaturunterschied mit einem Thermometer: Auch bei hohen Außentemperaturen hat die Luft am Eingang des Stollens nur rund fünf Grad.
Das „Ewige Eis“ ist ein seltenes physikalisches Permafrost-Phänomen: In Hohlräumen zwischen den Gesteinsblöcken der besonders steilen Geröllhalde wird wärmere Außenluft wie in einem Kamin eingesaugt und kühlt sich durch Verdunstung massiv ab.
In tieferen Schichten des lockeren Basaltgesteins bildet sich festes Eis, gut isoliert unter dem Geröll. Im Sommer sinkt die kalte Luft im Berg ab und strömt aus den Stolleneingängen am Fuße des Hangs heraus.
Der Eiskern im Innern ist nicht zu sehen, aber er bleibt das ganze Jahr über bestehen. Im Winter kehrt sich der Prozess um, wenn bei starkem Frost die Temperatur im Berg höher ist als in der Umgebung, wie Habel erklärt. „Luft steigt dann im Berg nach oben und kann dort zwischen den Geröllsteinen geheimnisvolle Dünste bilden.“ Die Flächen blieben auch schneefrei.
Das „Ewige Eis“ wurde im Jahr 1839 entdeckt, als Arbeiter an dem Hang Steine für den Straßenbau abtragen sollten. Im Anschluss wurde das Naturphänomen wissenschaftlich untersucht. „Es gab verschiedenen Ideen für eine Nutzung der Kälte, unter anderem der Betrieb einer Kaltwasser-Kuranstalt oder die Produktion von Käse“, berichtet Habel.
Mehrere hundert Meter weiter entstand schließlich ab 1869 eine Brauerei, die über künstliche Stollen die Kälte für die Lagerung des Bieres nutzte.
Die Brauerei brannte 1887 ab, das Areal wurde anschließend noch lange als Gasthaus betrieben. „Ich erinnere mich, dass ich in meiner Jugendzeit dort mit meinen Eltern war und die Gastwirte stets kalte Getränke aus den Stollen holten“, sagt Habel. Inzwischen gehört das Anwesen einer Wiesbadener Pfarrei, die dort Jugendfreizeiten ausrichtet.
2023 kam das „Ewige Eis“ sogar bundesweit zu Ehren und setzte sich bei der Wahl der Heinz Sielmann Stiftung zum „Naturwunder des Jahres“ eiskalt gegen die Konkurrenz durch. Besuchen kann man den besonderen Ort unter anderem über den Wanderweg „Blasiussteig“ oder die Nassau-Wäller-Radrunde.
Neben dem „Ewigen Eis“ gibt es in Hessen noch eine ganze Reihe Orte, die in der Sommerhitze ihren Besucherinnen und Besuchern eine angenehme Abkühlung bieten. So ist es in der „Teufelshöhle“ in Steinau (Main-Kinzig-Kreis) ganzjährig zwischen 7 und 11 Grad kühl. Frische acht Grad herrschen ganzjährig auch in der „Grube Christine“ im nordhessischen Willingen.
Den Sommer über ist auch die „Leichtweißhöhle“ im Wiesbadener Stadtwald als ehemaliges Wildererversteck bei Ausflüglern beliebt – vor allem bei Kindern. Dann bietet die Höhle mit Temperaturen von unter zehn Grad Erfrischung.