Hochzeit, Todesfall, Krankheit: Sonderurlaub: So gibt es für Arbeitnehmer bezahlte freie Tage

Arbeitnehmer werden nicht nur in den Ferien bezahlt. Auch für Sonderurlaub gibt es Gehalt. Für Eltern oder pflegende Angehörige kann sich das besonders lohnen – wenn denn die Firma mitspielt.

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Bei Sonderurlaub denken viele Menschen zuerst an dramatische Ereignisse wie den Tod eines nahen Angehörigen. Dabei wird diese bezahlte Freistellung von der Arbeit auch bei freudigen Anlässen oder für profane Termine gewährt – ohne, dass der Betroffene dafür wertvolle Urlaubstage opfern müsste. Hinzu kommt: Eine Obergrenze, wie viele Tage pro Jahr man bezahlt der Arbeit fernbleiben darf, gibt es nicht. Im Gegensatz zum gesetzlich verbrieften Erholungsurlaub kann es beim Sonderurlaub aber kompliziert werden, warnt ein Jurist. 

Auch bei diesem Thema hat der Gesetzgeber Vorgaben gemacht. „Sonderurlaub gibt es nach dem Gesetz für besondere familiäre Ereignisse und persönliche Unglücksfälle. In diesen Fällen ist der Sonderurlaub bezahlt“, erklärt Till Bender von der DGB Rechtsschutz GmbH. Die gesetzliche Regelung könne aber durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. In Betriebsvereinbarungen kann der Umgang mit Sonderurlaub ebenfalls geregelt sein. Fehlen solche Richtlinien, gilt laut dem Juristen der gesetzliche Anspruch.

Wann ist Sonderurlaub möglich? 

Laut Bender ergeben sich aus Gerichtsurteilen unter anderem diese Szenarien für Sonderurlaub: 

eigene HochzeitHochzeit der Kinder oder Eltern Goldene Hochzeit der ElternNiederkunft der Ehefrau Begräbnisse im engen FamilienkreisArztbesuchEinbruchBrandunverschuldeter Verkehrsunfall

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Wie lange der Sonderurlaub dauert, hängt vom Anlass ab. „Für einen Arztbesuch dürfte es ausreichen, nur einige Stunden freigestellt zu werden“, sagt Bender. „Bei familiären Ereignissen erfolgt die Freistellung in der Regel für den Tag des Ereignisses und nicht nur die Zeremonie selbst.“ Die Höchstgrenze je Fall sieht der Gewerkschaftsjurist bei etwa sieben bis zehn Tagen. 

Sonderurlaub gibt es auch für Beschäftigte, die ein krankes Kind oder einen pflegebedürftigen Verwandten versorgen. Haben Eltern in ihrem Betrieb Anspruch auf Sonderurlaub, rät Bender, erst diesen zu nutzen, ehe das Kinder-Krankengeld bezogen wird. Denn beim Sonderurlaub wird das Gehalt in voller Höhe bezahlt. Das Kinder-Krankengeld beläuft sich hingegen regulär auf 90 Prozent des Lohns und ist bei 120,75 Euro gedeckelt (das entspricht einem Monatslohn von rund 3000 Euro). Außerdem dürfen Beschäftigte pro Jahr bei der Krankenkasse je Elternteil höchstens 15 Tage beziehungsweise bei Alleinerziehenden 30 Tage geltend machen.

Das Pflegezeitgesetz räumt Beschäftigten bis zu zehn Tage bezahlten Sonderurlaub ein, um in einer akuten Situation einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu versorgen. Als naher Angehörige gelten laut Bender unter anderen: 

Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, StiefelternEhegatten, Lebenspartner und deren Geschwister, Geschwister und deren Ehegatten Enkelkinder sowie Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder (eigene oder des Lebenspartners).

Sonderurlaub ist zudem für einige ehrenamtliche Tätigkeiten möglich. „Für Menschen, die entweder aus karitativ-familiären Gründen oder wegen sonstigen Engagements für die Gesellschaft stark eingebunden sind, lohnt es sich auf jeden Fall, sich über mögliche Freistellung zu informieren“, unterstreicht Bender. Bezahlte Freistellungen sind außerdem möglich für Bildungsurlaub, ehrenamtliche Tätigkeiten, staatsbürgerliche Pflichten, Bewerbungen (wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist) oder Gebete. Hier kommt es aber teils auf den Einzelfall an.

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Sonderurlaub beantragen 

Was den Antrag von Sonderurlaub anbelangt, rät der Jurist, den Arbeitgeber möglichst früh zu informieren, damit der gegebenenfalls eine Vertretung organisieren kann. Bei unvorhergesehenen Ereignissen wie einem Brand oder einem Unfall sollte ein Anruf in der Regel ausreichend sein, findet Bender. „Er muss aber so schnell wie möglich erfolgen, damit der Arbeitgeber planen kann. Außerdem vermeidet es Irritationen.“ 

Beim Arzttermin reicht es nach Benders Erfahrung in der Regel, dies dem Arbeitgeber mitzuteilen oder ein Terminkärtchen der Praxis vorzulegen. Bei argwöhnischen Chefs müssten gegebenenfalls ein ärztliches Attest oder ein Schreiben des jeweiligen Arztes eingereicht werden. Vorgesetzte dürfen laut dem Juristen aber nicht verlangen, dass der Beschäftigte sich einen anderen Mediziner sucht, der im Feierabend Termine anbietet. „Welchen Arzt der Arbeitnehmer aufsucht, ist seine Angelegenheit“, unterstreicht der Experte.

Ein Nachweis ist möglicherweise auch nötig, wenn der Beschäftigte wegen eines nicht verschuldeten Verkehrsunfalls bei der Arbeit gefehlt hat. Der Arbeitgeber hat laut dem Experten das Recht, sich Unterlagen der Polizei oder Korrespondenz mit der Versicherung vorlegen zu lassen. Sollte der Beschäftigte doch den Unfall verursacht haben, kann die bereits gezahlte Vergütung zurückgefordert werden. Diesen Aufwand machen sich viele Firmen jedoch nicht. 

Anders als beim Erholungsbedarf ist die Länge des Sonderurlaubs grundsätzlich nicht begrenzt. „Der Arbeitgeber kann also beispielsweise nicht sagen: Du hast dieses Jahr geheiratet und dein Vater ist verstorben, deswegen stelle ich dich nicht frei für die Hochzeit seiner Tochter!“, erklärt Bender.