WHO fördert Herstellung von mRNA-Impfstoffen gegen Vogelgrippe in ärmeren Ländern

Angesichts der Gefahr einer Vogelgrippe-Pandemie treibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffs für Menschen in nicht wohlhabenden Ländern voran. Die Federführung bei dem Projekt habe das argentinische Pharma-Unternehmen Sinergium, teilte die WHO am Montag mit. Sobald vorklinische Ergebnisse zu Vogelgrippe-Impfstoffkandidaten vorlägen, sollen das Wissen, die Technologie und das Material, die für die Herstellung benötigt werden, mit einem Netzwerk weiterer Hersteller in anderen Ländern geteilt werden.

Das Vogelgrippe-Virus war 1996 erstmals nachgewiesen worden. Seit 2020 breitet es sich exponentiell aus und befällt zunehmend auch Säugetiere, darunter Milchvieh. Den Vereinten Nationen bereiten derzeit eine Zunahme von Vogelgrippe-Fällen bei Menschen und das Auftauchen einer neuen Virusvariante Sorgen. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO) warnte vergangene Woche, die Ausbreitung der Vogelgrippe im Asien-Pazifik-Raum sei „alarmierend“.

Sinergium hat laut WHO bereits mit der Entwicklung mehrerer Impfstoffkandidaten auf Grundlage der mRNA-Technologie begonnen und soll nun eine Machbarkeitsstudie dazu erstellen. Danach können die klinischen Studien zur Entwicklung von Vogelgrippe-Impfstoffen beginnen, um besser auf eine eventuelle Pandemie vorbereitet zu sein.

Das Projekt findet im Rahmen des Programms zum Transfer von mRNA-Technologie statt, das von der WHO und der von der ONU unterstützten Organisation Medicines Patent Pool (MPP) gestartet wurde. Das Programm, an dem 15 Länder wie die Ukraine, Südafrika und Vietnam beteiligt sind, war im Corona-Jahr 2021 gestartet worden, um Ländern mit schwacher oder mittlerer Wirtschaftskraft Zugang zu mRNA-Impfstoffen zur Eindämmung der Pandemie zu geben.

Bei mRNA-Impfstoffen werden keine Krankheitserreger oder deren Bestandteile benötigt wie bei herkömmlichen Impfstoffen. Vielmehr werden einigen wenigen Körperzellen mit dem Impfstoff Teile der Erbinformation des Virus als RNA mitgegeben – geliefert wird also der Bauplan für einzelne Virusproteine, die auch als Antigene bezeichnet werden. Diese Antigene aktivieren das Immunsystem, so dass eine schützende Immunantwort erzeugt wird.

Die neue Initiative für mRNA-Impfstoffe gegen die Vogelgrippe zeige „den Grund, aus dem die WHO das Programm zum Transfer von mRNA-Technologie gestartet hat“, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Durch die Förderung der Impfstoff-Forschung, -Entwicklung und -Herstellung in ärmeren Ländern werde die Welt auf die nächste Pandemie „besser vorbereitet sein“ und „eine wirksamere und gerechtere Antwort“ geben. 

Der Vorteil bei der Vogelgrippe ist laut WHO, dass es bereits einige zugelassene klassische Grippe-Impfstoffe gibt, die nur noch auf die Vogelgrippe angepasst werden müssen. Der Leiter der WHO-Impfstoffforschungsgruppe, Martin Friede, sieht mRNA-Impfstoffe als besonders geeignet für eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheitsvorsorge. 

Friede erläuterte, die geförderte Produktion von Grippe-Impfungen in Entwicklungsländern nach anderen Methoden sei oft eingestellt worden, sobald die Regierung den entsprechenden Impfstoff nicht mehr gekauft habe. Ein Werk zur Herstellung eines mRNA-Impfstoffs gegen die Vogelgrippe sei aber nicht auf diesen Erreger festgelegt, sondern könne grundsätzlich „auch zahlreiche andere Impfstoffe und therapeutische Mittel herstellen“.

yb/ju