Die Olympischen Spiele in Paris sollten die nachhaltigsten aller Zeiten werden. Doch besonders die Austragung einer Disziplin hat in den letzten Monaten für Diskussionen gesorgt.
Der Austragungsort rund um die Surfdisziplin gilt bei den diesjährigen Olympischen Spielen als stark umstritten. Der Surf-Wettbewerb findet im 15.700 Kilometer entfernten Teahupo’o auf Tahiti statt. Vor allem Einheimische und Umweltverbände haben ökologische Bedenken.
Der Neubau eines Juryturms hat starke Proteste ausgelöst
Die Organisatoren beabsichtigten zu Beginn ihrer Planung, die Jury und Fernsehkameras auf einem neuen Aluminiumturm unterzubringen, der aus dem Ozean herausragen sollte. Dieser Plan hatte auf Tahiti starke Proteste ausgelöst. Einheimische und Umweltverbände befürchteten negative Auswirkungen auf Korallen und andere Meereslebewesen. Der tahitianische Surfer Matahi Drollet ist einer der lautstärksten Gegner. Seine Protestvideos auf Instagram wurden hunderttausende Male geklickt.
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In Teahupo’o gibt es bereits einen Aussichtsturm, der regelmäßig für die World Surf League (WSL) genutzt wird. Die Organisatoren von Paris 2024 argumentierten jedoch, dass die Fundamente des ursprünglichen Turms aufgrund natürlicher Abnutzung und Korrosion der Struktur nicht den aktuellen olympischen Sicherheitsanforderungen entsprächen. Die Option, die Richter am Ufer oder auf einem Boot unterzubringen, würde ihnen nicht ausreichend Sichtbarkeit bieten oder eine angemessene Fernsehübertragung ermöglichen, fügen die olympischen Organisatoren hinzu.
Die Protestierenden behaupteten, dass große Teile des Riffs geräumt werden müssten, um Platz für Bohrungen zu schaffen. Der Neubau würde einen großen Teil des Riffs zerstören, mit katastrophalen Auswirkungen für Korallen und Tierwelt, die sich erst in den kommen Jahren zeigen werden, so Umweltverbände auf Tahiti.
In einer Pressemitteilung hieß es von Seiten der Organisatoren: „Der Schutz der natürlichen Umwelt in Teahupo’o war immer eine Priorität bei der Konzeption aller geplanten Lösungen für den Standort. Alle Entwicklungspläne in Teahupo’o wurden untersucht, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.“
Inzwischen wurde die Größe des neuen Juryturms als Reaktion auf die Proteste der Einheimischen verkleinert, um den Bedarf an neuen Bauarbeiten zu minimieren. Doch die Bedenken bleiben. Umweltschützer und lokale Fischerbefürchten, dass das Bohren in das Korallenriff die Alge Ciguatera angezogen haben könnte, die Fische infiziert und Menschen krank macht, wenn sie gegessen wird. Denn viele Einheimische ernähren sich von dem, was sie im Meer fangen.
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Widerspruch zum Olympia-Slogan
Im Dezember haben sich die lokalen Befürchtungen bewahrheitet, als ein Lastkahn auf dem Weg zur Baustelle am Riff Teile des Korallenriffs zerstörte. Ein Video des Schadens verbreitete sich in den sozialen Medien und löste Empörung aus.
Titouan Bernicot, Gründer und CEO von Coral Gardeners – einem Projekt, das Korallen in Französisch-Polynesien pflanzt – sagte 2023 in einem Interview: „Was werden wir der nächsten Generation sagen, dass wir für drei Tage Wettbewerb eines der wichtigsten Ökosysteme unseres Planeten zerstört haben könnten?“ Bernicot sagte, die Pläne stünden im Widerspruch zu dem Versprechen von Paris 2024, das auf ihrer Website erklärt, „Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihres Projekts zu stellen und neue Standards zu inspirieren“.
Ein Austragungsort im Sinne des Sports?
Die Sportler scheinen den Austragungsort zu mögen und wohnen während der Spiele auf einem Kreuzfahrtschiff. Die für Deutschland antretende Surferin Camilla Kemp teilte auf der Social Media Plattform Tiktok ein Video von ihrer Anreise in die Unterkunft und betitelte es mit den Worten „Ich glaube, die Surfer haben die Olympischen Spiele bereits gewonnen“. Denn das Kreuzfahrtschiff, dass die Teilnehmenden beherbergt, ist luxuriös ausgestattet.
Außerdem gilt die „Teahupo’o“-Welle als eine der größten, stärksten und gefährlichsten Wellen der Welt. Eine Herausforderung, der sich die Surfer gerne annehmen.
Vier Orte an der französischen Atlantikküste haben mit dem Überseegebiet Tahiti konkurriert, um die Rechte der Austragung der Olympischen Surfspiele zu bekommen. Das Olympische Komitee hat sich für das französische Überseegebiet entschieden. Frankreich hat die Entscheidung unter anderem damit begründet, dass die Mehrheit der Teilnehmenden bereits aus Ozeanien oder Nordamerika stammen und somit eine kürzere Anreise hätten.
Tahiti soll die französischen Überseegebiete näherbringen
Das Olympische Komitee argumentiert auch, dass sie die Spiele in ganz Frankreich verbreiten wollen. „Es bietet die Gelegenheit, die französischen Überseegebiete und ihre Gemeinden zum ersten Mal in der Geschichte in die Olympischen Spiele einzubinden und gleichzeitig das reiche und vielfältige Erbe Frankreichs zu präsentieren“, sagen sie.
Das Komitee verwies dabei auch auf die breite Unterstützung der Surfer-Community. Während die meisten Menschen in Deutschland wohl noch nie etwas von Teahupo’o gehört haben, ist das Dorf unter Surfern bekannt. Wettbewerbe der WSL finden dort regelmäßig statt.
Quellen: IOC EuroNews Sports Illustrated