Eine CDU-Landtagskandidatin wird in Cottbus rassistische beleidigt und angegriffen. Gerade vor den Landtagswahlen ist die Sorge bei den Parteien groß – und die Befürchtung, dass Politiker aufgeben.
Mitten im Landtagswahlkampf in Brandenburg ist die CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo beim Aufhängen ihrer Wahlplakate in Cottbus rassistisch beleidigt und angegriffen worden. Die Polizei ermittelt gegen eine 29-Jährige wegen Volksverhetzung und Körperverletzung. Awemo, die für die Landtagswahl im September kandidiert, sei am Donnerstagabend von der Frau beleidigt worden mit den Worten „Ihr seid keine Menschen“. Die Politikerin wurde bei dem Vorfall auch leicht verletzt. In den Parteien ist die Sorge angesichts wiederholter Angriffe auf Politiker in Deutschland groß.
„Es ist nach dem jetzigen Ermittlungsstand davon auszugehen, dass der Angriff aus rassistischen Motiven erfolgte“, sagte die Polizeidirektion in Südbrandenburg. Die CDU-Politikerin mit deutscher Staatsangehörigkeit ist in Kamerun geboren und lebt seit vielen Jahren in Cottbus.
Sorge, dass immer mehr Politiker aufhören
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigte sich erschrocken und sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Der unsägliche Angriff auf Adeline Abimnwi Awemo zeigt exemplarisch auf, was in unserem Land aus dem Ruder läuft. Hass und Gewalt nehmen zu, die Polarisierungsspirale dreht sich immer weiter.“ Der Landesvorsitzende der Partei, Jan Redmann, sagte: „Das zunehmende Risiko für Menschen, die sich für unser Land politisch engagieren, ist unerträglich.“
Die Parteien riefen zum Zusammenhalt gegen Hass, Gewaltbereitschaft und Verrohung in der Gesellschaft auf. Es herrscht zudem die Befürchtung, dass sich zunehmend mehr Amts- und Mandatsträger zurückziehen. Es werde immer schwieriger, gute Leute für ein politisches Mandat zu begeistern, sagte Linnemann. „Ich fürchte jedenfalls, dass irgendwann nur noch Politiker da sind, die es wegen des Geldes machen und nicht mehr aus Leidenschaft und Überzeugung.“
Awemo klebte wieder Plakate am Tag nach dem Angriff
Awemo klebte am Tag nach dem Angriff wieder Plakate in der Stadt – auch gemeinsam mit dem CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Redmann. Die CDU-Kandidatin schilderte, sie habe viel Unterstützung erfahren, auch CDU-Chef Friedrich Merz habe angerufen.
„Wenn Menschen bedroht werden und zu Schaden kommen, weil sie sich in unserem Land politisch engagieren, dürfen wir das als Gesellschaft nicht ignorieren“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). „Solche Vorfälle gefährden unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung.“ Die brandenburgischen Grünen teilten mit: „Wir stehen solidarisch an der Seite der betroffenen Kandidatin.“
Debatte um Strafverschärfung bei Angriffen auf Politiker
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen von der CDU sagte: „Diese Tat ist ein weiterer nicht akzeptabler Versuch mit körperlicher Gewalt, Wahlen zu beeinflussen.“ Er dringt auf eine Strafverschärfung bei Angriffen auf Politiker. Dafür hatte sich im Juni die Innenministerkonferenz in Potsdam ausgesprochen. „Ich erwarte vom Bundesjustizminister Buschmann, dass er diesen Beschluss ernst nimmt und handelt“, so Stübgen nach dem Angriff in Cottbus.
In den vergangenen Monaten hatte es mehrere Angriffe auf Repräsentanten von Parteien gegeben. In Dresden wurde der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke niedergeschlagen – er musste operiert werden. In Berlin gab es einen tätlichen Angriff auf Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Justizminister Marco Buschmann hatte vor Wochen erklärt, dass aus seiner Sicht mit härteren Strafen die zunehmende Aggression gegen Politiker nicht einzudämmen sei.
Politikerin nach Handgreiflichkeiten in Klinik untersucht
Awemo hatte laut Polizei im Stadtgebiet von Cottbus gemeinsam mit Familienangehörigen Wahlplakate angebracht. Gegen 20.30 Uhr sei sie in der Saarstraße von einer ihr unbekannten Frau ohne Grund mit Beleidigungen angegangen worden. Dann sei die CDU-Politikerin tätlich angegriffen worden. „Es kam zu einem Handgemenge“, sagte eine Polizeisprecherin. Awemo sei am Hals getroffen worden. Sie kam mit dem Rettungsdienst zur Untersuchung ins Krankenhaus, das sie laut Polizei nach ambulanter Behandlung wieder verlassen konnte.
Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen gegen die 29 Jahre alte Beschuldigte. Die Frau war laut Polizei zuvor nicht wegen solcher Delikte wie etwa Volksverhetzung bekannt. Die Polizei führte eine sogenannte Gefährderansprache durch. „In dieser wurde ihr mitgeteilt, welche rechtliche Konsequenzen erneut mögliche Rechtsverstöße nach sich ziehen.“ Auch die Beschuldigte zeigte die Geschädigte wegen einer Körperverletzung an.
Awemo: „Habe keine Angst“
Awemo sagte laut einer Mitteilung der Landes-CDU: „Ich habe Respekt vor Menschen, keine Angst. In die Politik bin ich gegangen, um mit den Menschen zu arbeiten und miteinander etwas zu verändern. Ich bin Cottbusserin und werde auch die Cottbusserin bleiben, die sich für die Menschen hier engagiert.“
„Wir lassen uns nicht unterkriegen“, meinte CDU-Landesvorsitzender Redmann. „Alle, die die Polarisierung in unserer Gesellschaft vorantreiben und so für eine wachsende Verrohung sorgen, sind für diese Tat mitverantwortlich.“
Awemo, die promovierte Umweltwissenschaftlerin ist, sitzt in Cottbus im Beirat für Integration und Migration. Bei der Landtagswahl am 22. September tritt sie im Wahlkreis Cottbus-Süd gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Lars Schieske als Direktkandidatin der CDU an. Die Polizeisprecherin sagte: „Wir werden dafür Sorge tragen, dass sich solche Fälle gegenüber der Geschädigten nicht wiederholen.“