Energie der Zukunft: Wie und woher Deutschland Wasserstoff importieren will

Seit längerem ist sie angekündigt. Nun legt die Bundesregierung eine Strategie zum Import von Wasserstoff vor. Das sind die zentralen Inhalte.

Wasserstoff ist der große Hoffnungsträger beim klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft. Einen großen Teil muss Deutschland importieren – über Pipelines oder Schiffe. Wie das konkret gehen soll, steht in einer Strategie zum Import von Wasserstoff. Das Kabinett will diese heute beschließen. 

Eine „nachhaltige, stabile, sichere und diversifizierte“ Versorgung mit ausreichend Wasserstoff und Wasserstoffderivaten sei im strategischen Interesse Deutschlands, heißt es in der Strategie. Dies soll auch ein „Signal“ sein an die deutsche Wirtschaft für eine verlässliche Versorgung mit ausreichenden Mengen an Wasserstoff.

Bedeutung von Wasserstoff

Vor allem „grüner“ Wasserstoff soll eine Schlüsselrolle dabei spielen, damit Deutschland 2045 klimaneutral wird. Wasserstoff soll die Grundlage sein für die Umstellung auf klimaneutrale Verfahren vor allem in der Industrie, zum Beispiel in der Stahl– und Chemieindustrie. Zum Einsatz kommen soll Wasserstoff aber etwa auch im Schiffsverkehr oder im Schwerlastverkehr, als Alternative zur Elektrifizierung. 

„Grüner“ Wasserstoff wird mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Quellen wie Windkraftanlagen und Photovoltaik gewonnen. Das soll dabei helfen, den Ausstoß von CO2 deutlich zu verringern. Daneben gibt es zum Beispiel auch „blauen“ Wasserstoff, der auf Basis fossiler Kohlenwasserstoffe erzeugt wird.

Bedarf von Wasserstoff

Der Bedarf ist immens. Die Bundesregierung erwartet laut Strategie im Jahr 2030 für Deutschland einen Bedarf an Wasserstoff und Derivaten in Höhe von 95 bis 130 Terawattstunden. Die Wasserstoffnachfrage soll dann weiter steigen, bis zum Jahr 2045 auf etwa 360 bis 500 Terawattstunden für Wasserstoff sowie 200 Terawattstunden für Wasserstoffderivate. Das sei aber abhängig von Faktoren wie der Preisentwicklung und der Verfügbarkeit von Wasserstoff. Bedarfe gibt es laut Strategie vor allem in der Stahlindustrie, der Grundstoff- und Petrochemie, in der Mobilität und Logistik sowie bei Kraftwerken. 

Zum Vergleich: 2023 erzeugten laut Bundesnetzagentur erneuerbare Energien rund 251 Terawattstunden Strom. Im Jahr 2022 verbrauchten laut Umweltbundesamt private Haushalte rund 678 Terawattstunden Energie, dies entsprach einem Anteil von gut einem Viertel am gesamten Endenergieverbrauch.

Hoher Importbedarf 

Ein Großteil des deutschen Wasserstoffbedarfs werde mittel- und langfristig durch Importe aus dem Ausland abgedeckt werden müssen – bereits 2030 voraussichtlich rund 50 bis 70 Prozent, wie es in der Strategie heißt. „Damit wird Deutschland künftig weltweit zu den größten Wasserstoffimporteuren zählen.“

In der Anfangsphase beschränke sich die Importstrategie nicht auf „grünen“ Wasserstoff, sondern beziehe übergangsweise insbesondere kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in mit ein – um möglichst frühzeitig eine verlässliche Versorgung mit ausreichenden Mengen an Wasserstoff sicherzustellen. Die direkte finanzielle Förderung der Wasserstofferzeugung soll auf „grünen“ Wasserstoff und seine Derivate – wie Ammoniak und Methanol – fokussiert werden. 

In Deutschland sollen zahlreiche Elektrolyseanlagen gebaut werden, die vor allem „grünen“ Wasserstoff produzieren. Dazu ist viel Strom nötig, der zunehmend aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne kommen soll.

Woher genau der Wasserstoff importiert werden soll

Geplant ist der parallele Aufbau von Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte. Dabei sollen auch bestehende Gaspipelines umgestellt werden, was laut Strategie zu Kostenersparnissen führen kann. Über Pipelines sind vor allem Wasserstoffimporte aus Europa geplant. „Mittelfristig ist davon auszugehen, dass ein Großteil des Bedarfs an Wasserstoff durch Pipelines gedeckt wird.“

Transporte über Pipelines und per Schiff

Es soll mindestens vier an eine Pipeline gebundene sogenannte Importkorridore geben: Nordseeraum, Ostseeraum, Südwesteuropa und Südeuropa. Entlang dieser Korridore soll die Kooperation mit den jeweiligen Anrainerstaaten aufgebaut und vertieft werden, wie es in der Strategie heißt. 

Die erste grenzüberschreitende Pipeline solle zwischen Deutschland und Dänemark entstehen, sie könnte Ende 2028 in Betrieb gehen. Ab 2030 könnte eine Pipeline Wasserstoffimporte aus Norwegen ermöglichen, auch der Bau einer Wasserstoffpipeline zwischen Deutschland und Großbritannien wird geprüft. Daneben sieht zum Beispiel der Südkorridor eine direkte und größtenteils aus umgewidmeten Erdgaspipelines bestehende Leitungsverbindung zwischen Algerien, Tunesien, Italien, Österreich und perspektivisch der Schweiz nach Deutschland vor. 

Der Schiffstransport soll Wasserstoffimporte aus Weltregionen ermöglichen, die aus technischen und ökonomischen Gründen nicht per Pipeline angebunden werden können. Geplante landseitige Terminals an den deutschen Küsten zum Import von Flüssigerdgas sollen so konzipiert werden, dass diese nach der LNG-Nutzung Wasserstoffderivate anlanden können. 

Lieferanten

Die Bundesregierung hat bereits zahlreiche bilaterale Wasserstoff-Kooperationen geschlossen – darunter sind Länder wie Australien, Chile, Großbritannien, Namibia, Saudi-Arabien, Südafrika, die Vereinigten Arabischen Emirate. In vielen dieser Länder gibt es großes Potenzial zum Beispiel für den Ausbau der Solarenergie. Länder wie Saudi-Arabien aber gelten wegen der Menschenrechtslage als schwierige Partner.

Mit Blick auf Entwicklungs- und Schwellenländer heißt es in der Strategie, der Aufbau von Wasserstoffmärkten gehe mit Chancen für die Entwicklung lokaler Wertschöpfungsketten und qualifizierten Arbeitsplätzen einher. Die Bundesregierung setze sich für die Einhaltung von Umwelt-, Sicherheits- sowie Sozialstandards ein.

Aufbau eines Kernnetzes

Zum Transport in Deutschland soll bis zum Jahr 2032 schrittweise ein Wasserstoff-„Kernnetz“ entstehen. Geplant sind Leitungen mit einer Gesamtlänge von 9.666 Kilometern. Verbunden werden sollen große Verbrauchszentren sowie Speicher und Importpunkte. Die Investitionskosten liegen nach Angaben der Fernleitungsnetzbetreiber bei fast 20 Milliarden Euro.