Die Doping-Fragen kontert Tadej Pogacar mit einer klaren Meinung. Die Kritik wird dadurch jedoch nicht aufhören.
Tadej Pogacar war bestens vorbereitet. Schließlich gehört die Frage nach der Glaubwürdigkeit traditionell zu den lästigen Pflichten, mit denen sich ein Sieger der Tour de France auseinandersetzen muss. Also legte der nun dreimalige Champion los – deutlich bestimmter als in der Vergangenheit. „Es ist es nicht wert, etwas zu nehmen, womit man seine Gesundheit riskiert. Es ist einfach dumm“, sagte Pogacar.
Keine Doping-Hinweise
Nun ist Cleverness nicht unbedingt ein Faktor, wenn es um Doping geht. Lance Armstrong hielt sich jahrelang für überaus schlau und brach irgendwann doch unter der Last der Indizien zusammen. Den einstmals siebenmaligen Tour-Sieger führt Pogacar an, wenn es um die Zweifler geht. „Ich verstehe die Leute. Es wird immer Fragen geben, denn sie vergessen die Ära Armstrong nicht“, sagte der 26-Jährige.
Fakt ist: Bisher gibt es bei Pogacar selbst keine Hinweise auf Doping, auch wenn ein schlecht beleumundeter Mann wie Mauro Gianetti in seinem UAE-Team das Sagen hat. Gianetti war einst in der Verantwortung beim Skandal-Team Saunier-Duval, beteuerte aber stets seine Unschuld.
Und doch sind Fragen die logische Folge von Pogacars Leistungen, mit denen er in den Bergen die Bestzeiten aus der Zeit des ungehemmten Dopings im Peloton pulverisiert. Und als erster Fahrer nach dem in seiner Karriere nachweislich gedopten Marco Pantani gewann Pogacar jetzt den Giro d’Italia und die Tour in einem Jahr.
Neid durch Erfolg
Mit den Vergleichen ist das natürlich immer so eine Sache. Allein die Windrichtung und Vorbelastung können einen deutlichen Unterschied machen. Dennoch werden kritische Stimmen laut, dass dies nicht mit besserem Material, besserer Ernährung und besserem Training zustande kommen könne. Den mit Lausbuben-Charme ausgestatteten Pogacar kümmert das nicht. „Mir ist das egal“, sagte der Slowenen. „Ich weiß, wer ich bin und ich weiß, dass es immer Zweifel geben wird.“
Vielmehr dreht Pogacar den Spieß um. Dieser Neid, diese Zweifel, das sei alles die Konsequenz aus seinem Erfolg. Die Konkurrenz scheint sich damit abgefunden zu haben, dass sich da zu ihrem Verdruss einfach ein Jahrhunderttalent in ihrer Generation breit gemacht hat.
„Zu sagen, er würde eine Stufe über allen anderen stehen, ist eine Untertreibung“, sagte Romain Bardet. Der Franzose galt einst als die Hoffnung der Grande Nation. Am Sonntag bestritt er seine letzte Tour, Platz zwei 2016 war sein bestes Resultat.
Showman Pogacar
Die Überlegenheit und vor allem die Unersättlichkeit – Pogacar gewann in diesem Jahr sechs von 21 Tour-Etappen – führen unweigerlich zu Eddy Merckx. Dem Kannibalen, dem Größten des Radsports – bis Pogacar kam. Mit 25 Jahren und zehn Monaten ist Pogacar dreimaliger Tour-Sieger, Merckx verbuchte das erst mit 26 Jahren und einem Monat. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Mann aus Komenda die fünf Gesamtsiege des Belgiers egalisiert.
Pogacar selbst mag die Vergleiche nicht. Und auch Bernard Hinault, Frankreichs fünfmaliger Tour-Sieger, sieht darin wenig Sinn. „Wir können das nicht tun. Er wird als einer der Größten in die Geschichte eingehen“, sagte 69-Jährige über Pogacar.
Merckx wirkte schüchtern, zurückgezogen, zeigte kaum Gefühle. Man hatte bisweilen den Eindruck, er war den ganzen Tag gelangweilt. Pogacar ist das andere Extrem. Er mag die Show, die Scherze, trägt seine Leichtigkeit fast schon penetrant nach außen. Er ist im Peloton enorm beliebt.
WM-Titel im Fokus
Es gibt einige Marken von Merckx, die wird selbst Pogacar nicht erreichen. Die 51 Siege bei den fünf sogenannten Monumenten des Radsports sind in der heutigen Zeit der extremen Spezialisierung kaum vorstellbar. Pogacar konzentriert sich lieber darauf, jedes dieser bedeutenden Rennen einmal zu gewinnen, was schon eine enorme Leistung wäre. Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix fehlen ihm noch, die Flandern-Rundfahrt, Lüttich-Bastogne-Lüttich und die Lombardei-Rundfahrt hat er bereits abgehakt.
Pogacars nun größtes Ziel ist das Regenbogentrikot. „Ich würde gern die Weltmeisterschaft gewinnen“, sagte er. Im September hätte er in Zürich die Chance dazu. Der anspruchsvolle Kurs dürfte ihm liegen. Auch die Vuelta, die dritte große Landesrundfahrt, soll es noch sein. Aber nicht in diesem Jahr, das wäre selbst ihm zu viel.