Perspektive für Schiffbauer: Enger Zeitrahmen für Rettung der Meyer Werft

Ein Gutachten zur Meyer Werft bringt zwar Hoffnung, dass es eine Zukunft gibt. Aber die Geschäftsleitung betont auch: Es gibt noch viel zu tun.

Die Leitung der um ihre Existenz kämpfenden Meyer Werft sieht angesichts eines Gutachtens zwar Zukunftschancen für das Unternehmen. Aber es gebe noch viele Aufgaben abzuarbeiten, teilten Werftchef Bernd Eikens und der Sanierungsexperte Ralf Schmitz in Papenburg mit. 

Die Beratungsfirma Deloitte hatte nach Unternehmensangaben in einem ersten Entwurf für die Sanierung eine positive Prognose in Aussicht gestellt. Möglichst bis Ende August soll die finale Fassung vorliegen – bis dahin müssten noch zahlreiche Dinge auf den Weg gebracht werden, betonte Schmitz.

Werft muss dringend Ergebnis verbessern

So müsse dringend das Ergebnis der Werft verbessert werden. Die Werft habe zuletzt Verluste gemacht, sagte Schmitz der Deutschen Presse-Agentur dpa. Bis zum 15. September müsse das Unternehmen frisches Geld bekommen. „Wir brauchen eine Zusage und entsprechende Kreditverträge – das ist noch viel Paperwork“, sagte Schmitz. 

Rund 2,5 Milliarden Euro würden für den Bau von Schiffen benötigt. Es handele sich dabei nicht um Subventionen, sondern seien übliche Kredite, um Investitionen zu tätigen. In der Branche wird üblicherweise 80 Prozent des Baupreises eines Schiffes erst bei Ablieferung gezahlt – den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren.

Öffentliche Hand könnte bei Werft einsteigen

Schwieriger sei die Finanzierung zur Erhöhung des Eigenkapitals, weil damit Verluste der Vergangenheit finanziert werden müssten, sagte Schmitz. Die „überwiegend wahrscheinliche Variante“ sei eine Beteiligung der öffentlichen Hand an der Werft. Parallel schaue das Management der Werft, ob es noch einen Dritten geben könnte, der sich an dem Unternehmen beteiligt. Das Eigenkapital muss um 400 Millionen Euro aufgestockt werden.

Derzeit gebe es mit Banken, aber auch mit dem Land und dem Bund konstruktive Gespräche auf einem hohen inhaltlichen Niveau, sagte Schmitz. Ergebnisse gebe es indessen noch nicht. Wenn Bund und Land für 80 Prozent der benötigten 2,5 Milliarden Euro Bürgschaften abgeben, blieben 500 Millionen Euro, für die es keine Bürgschaften der öffentlichen Hand gebe.

Zurückhaltung bei den Banken

Bei den Banken in Deutschland herrsche inzwischen eine generelle Zurückhaltung, in den Schifffahrtssektor zu investieren, sagte Schmitz. Ein Grund sei unter anderem die Krise in der Containerschifffahrt vor einigen Jahren. „Dazu kommt, dass die Meyer Werft in den letzten Jahren keine Ertragsperle war.“ Die Verluste des Unternehmens seien im Wesentlichen eine Folge der Corona-Pandemie gewesen. 

Angesichts des schwierigen Umfelds sei es schwierig, eine Finanzierung für ein Unternehmen zu bekommen, das in den vergangenen Jahren keine großen Erträge erwirtschaftet oder sogar Verluste gemacht habe, sagte Schmitz.

Belegschaft wieder zuversichtlicher

Dass das Gutachten eine Perspektive für die Werft sehe, sei von den Beschäftigten mit Erleichterung aufgenommen worden, sagte Betriebsratsvorsitzender Andreas Hensen. Er selber kenne das Gutachten bisher nicht komplett. Der Betriebsrat wolle sich in den kommenden Tagen damit beschäftigen. Es sei klar, dass die Werft noch nicht endgültig gerettet sei, sagte er.

Stärken der Meyer Werft

Das Gutachten benennt nach Unternehmensangaben auch die Stärken der Meyer Werft. Dazu zähle ihre Innovationskraft, ein unternehmerisch und engagiert arbeitendes neues Management sowie viele extrem erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Für den Umbau des Unternehmens werde eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren erwartet, hieß es. Bis 2028 solle die Meyer Werft wieder eine „zuverlässige, qualitätsbewusste Werft“ sein, die zusammen mit ihren Kunden und Partnern ihre Technologie- und Innovationsführerschaft, vor allem im Bereich Nachhaltigkeit und Digitalisierung, behaupten könne, hieß es.

Größte Krise seit Gründung der Werft

Die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Werft steckt in der schwersten Krise ihrer mehr als 200-jährigen Existenz. Die Werft hat derzeit Aufträge bis 2028. Allerdings waren die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe zum Teil vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden.

Wegen des zwischenzeitlichen Einbruchs des Tourismusmarktes waren die Aufträge in Absprache mit den Reedereien zeitlich gestreckt worden. Sie sehen aber keine Anpassung an die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine vor.

Anfang Juli einigte sich die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat und der IG Metall auf ein Restrukturierungskonzept. 340 der mehr als 3.000 Stellen sollen demnach abgebaut werden. Es sollen ein Aufsichtsrat und ein Konzernbetriebsrat geschaffen und der Unternehmenssitz wieder von Luxemburg nach Deutschland verlegt werden.