Der Anteil älterer Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz steigt. Gründe dafür gibt es mehrere – aber auch Nachholbedarf.
Flexible Arbeitszeiten, Unterstützung bei der Gestaltung des Renteneintritts und ein höheres Gehalt: Diese Faktoren können die Generation 50plus einer Befragung der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge länger im Berufsleben halten. Fast ein Drittel der Beschäftigten in dieser Altersgruppe wolle eigentlich seine Erwerbstätigkeit vor dem regulären Renteneintrittsalter beenden – so das Ergebnis der nicht-repräsentativen Umfrage. Gefragt wurden bundesweit mehr als 1000 Erwerbstätige ab 50 Jahren.
„Ältere Beschäftigte brauchen Wertschätzung und Förderung. Daran mangelt es oft“, sagt die DGB-Landesvorsitzende Susanne Wingertszahn. Und: „Wir wissen schon lange, dass viele Beschäftigte fürchten, ihre aktuelle Berufstätigkeit nicht bis zum Renteneintritt durchhalten zu können.“
Von den 1,49 Millionen Menschen, die in Rheinland-Pfalz sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, waren Ende vergangenen Jahres 1,8 Prozent 65 Jahre oder älter, wie Joachim Rübel von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit sagt. Ein Jahr zuvor betrug der Anteil noch 1,6 Prozent – und zehn Jahre zuvor nur 0,6 Prozent.
Die Zahl der Arbeitnehmer im Rentenalter steigt
„Aufgrund der steigenden Regelaltersgrenze wird sich die Altersstruktur in den Unternehmen zunehmend ändern. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der rheinland-pfälzischen Mitarbeitenden über 65 Jahre um 66 Prozent gestiegen“, stellt der Leiter der TK-Landesvertretung, Jörn Simon, fest. Gut zwei Drittel der Mitarbeitenden über 65 Jahre könnten eigentlich bereits Rente beziehen, sagt Simon.
Aktuell liegt das Renteneintrittsalter genau bei 66 Jahren. Der Geburtsjahrgang 1958 kann damit in diesem Jahr abschlagsfrei in Rente gehen.
Die Gründe, warum Menschen auch im Rentenalter noch arbeiten, sind ganz verschieden: Die Rente reicht nicht oder kann wegen einer kurzen Sozialversicherungspflicht nicht gezahlt werden – oder die Menschen wollen weiter arbeiten, wie Simon sagt.
Auf Weiterbildung und Gesundheitsschutz kommt es an
Dazu kämen ein guter Arbeitsmarkt sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel, sagt Rübel. „Ältere Menschen sind oft gut ausgebildet und können auf jahrzehntelange Berufserfahrung bauen.“
Trotzdem: „Viele von ihnen scheiden teilweise deutlich vor dem Erreichen der Altersgrenze aus der Erwerbstätigkeit aus oder fassen bei Arbeitslosigkeit nur schwer wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß“, gibt Rübel zu Bedenken.
Die berufliche Weiterbildung sei dabei – wie der Gesundheitsschutz – „ein präventiver Ansatz, auf den es ankommt“. Ältere Arbeitnehmer nähmen aber unterdurchschnittlich oft an Weiterbildungen teil, berichtet Rübel. Und gesundheitlich seien Menschen im Alter besonders gefährdet.
Ab 20 nehmen die Krankheitstage zu
„Jüngere Arbeitnehmer fehlen öfters kurz“, sagt Jan Rößler von der AOK Rheinland-Pfalz. Ältere Beschäftigte seien dagegen nicht so häufig arbeitsunfähig. Wenn sie aber krank seien, dauere dies deutlich länger. Ab 20 Jahren nähmen die Krankentage stetig zu, ab 50 Jahren vergrößerten sich die Sprünge.
TK-versicherte Erwerbstätige in Rheinland-Pfalz etwa waren im Jahr 2023 durchschnittlich 27 Tage pro Kopf arbeitsunfähig. Der Durchschnitt bei den unter 50-Jährigen habe nur bei 17 Tagen gelegen, wie Sprecherin Cornelia Benzing sagt.
Bei der Barmer waren es bei den über 50-Jährigen mehr als 29 Krankheitstage und bei den unter 50-Jährigen 20,5. „Damit liegen die beiden Gruppen etwas über dem Bundesdurchschnitt, bei dem der gleiche Trend erkennbar ist“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführerin Dunja Kleis.
Investitionen der Unternehmen in gute Arbeitsbedingungen lohnen sich
DGB-Landeschefin Wingertszahn betont: „Unternehmen sind dafür verantwortlich, Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie nicht krank machen.“ Dabei gehe es um Arbeitsplatzgestaltung, körperliche Belastungen, Zeitdruck und Arbeitsdichte „und darum, mit den sich schnell verändernden Anforderungen klarzukommen“.
„Mithilfe des betrieblichen Gesundheitsmanagements können Problemfelder erkannt und angegangen werden“, sagt Simon von der TK. Diese Investition lohne sich auch für kleine und mittlere Betriebe. Die TK habe dafür speziell geschulte Demografie-Berater. Auch die Bundesagentur für Arbeit mache Angebote, ergänzt Rübel.