Wo der Staat sich zurückzieht oder marode Zustände zulässt, haben rechte Populisten leichtes Spiel, mahnt die Gewerkschafterin. Die öffentliche Hand sollte deshalb mehr Geld in die Hand nehmen.
Die rheinland-pfälzische DGB-Chefin Susanne Wingertszahn fordert vom Staat mehr Investitionen in die Infrastruktur und in die Bildung. „Marode Straßen, Schienen und Schulen sind alltäglich geworden“, sagte die Gewerkschafterin der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. „Für Zukunftsprojekte ist allzu oft kein Geld da. Das ist nicht länger hinzunehmen.“
Als Beispiele für den Investitionsstau in Rheinland-Pfalz nannte Wingertszahn die Rheinbrücke in Lahnstein, die Moseltalbrücke in Winningen über die A61 und die Bahnstrecke Landau-Pirmasens. Investitionen fehlten auch für die Brücken zwischen Ludwigshafen und Mannheim sowie den Autobahnring und das Straßenbahnnetz in Mainz und die Standorte des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein.
Auch der Landesrechnungshof habe jüngst in seinem Jahresbericht den schlechten Zustand der Infrastruktur bemängelt und für marode Straßen sowie Brücken im Land einen Investitionsbedarf von über einer halben Milliarde Euro festgestellt, sagte die DGB-Vorsitzende.
Schuldenbremse sollte reformiert werden
„Der Investitionsstau von Bund, Ländern und Kommunen ist riesig.“ Es sei daher vollkommen illusorisch, die dafür nötigen Ressourcen durch Einsparungen und Umschichtungen im laufenden Haushalt aufzubringen, mahnte die Gewerkschafterin. „Deshalb muss die Schuldenbremse ausgesetzt und grundlegend reformiert werden. Die Schuldenbremse in der jetzigen Form ist eine Investitionsbremse und kann so nicht bestehen bleiben.“
Viele Zukunftsinvestitionen beim Eigenheim oder in Unternehmen würden über Kredite finanziert. „Daran ist nichts Anrüchiges. Schließlich führen die Investitionen später zu niedrigeren Kosten oder höheren Gewinnen“, sagte Wingertszahn. Kluge Investitionen finanzierten sich auf lange Sicht selbst. Öffentliche Investitionen verbesserten die Bedingungen für eine funktionierende Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen.
Menschen wollen handlungsfähigen Staat
„Die Menschen wollen einen handlungsfähigen Staat, und den brauchen sie auch“, sagte die Landeschefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). „Wo der Staat sich zurückzieht oder marode Zustände zulässt, haben rechte Populisten leichtes Spiel, die die Demokratie zersetzen wollen.“
Auch die Unternehmen brauchten für die Bewältigung der Transformation gute Rahmenbedingungen und eine sichere Infrastruktur. Die Gewerkschafterin sprach sich auch deshalb für einen Transformationsfonds aus, der etwa im Saarland bereits eingerichtet worden ist. Das sei ein geeignetes Mittel, um auch mit gezielten Investitionen des Landes Beschäftigung, Wertschöpfung und Wohlstand im Land zu halten. „Es wäre wünschenswert, einen solchen Fonds auch in Rheinland-Pfalz einzurichten“, sagte Wingertszahn.