Reisemedizin: Entspannung oder Risiko: So wirkt Alkohol auf Langstreckenflügen

Viele Passagiere schwören bei Flugreisen auf Bier oder Wein, um zu relaxen. Forscher fanden nun heraus, was dabei im Körper tatsächlich passiert. 

Für die einen ist es der entspannte Beginn des Urlaubs oder der Dienstreise, für die anderen die Hoffnung, ihre Flugangst zu bekämpfen: Sobald ihr Flugzeug die nötige Reisehöhe erreicht hat, ordern viele Passagiere ein Glas Bier oder Wein oder einen Whiskey Cola.

Was soll da schon passieren, denken vermutlich die meisten unter ihnen. Auf der Erde ist die entsprechende Menge an Alkohol ja auch kein Problem.

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Doch in rund 10.000 Meter Höhe ist vieles anders für den menschlichen Organismus und nicht alles fördert die Gesundheit. Denn der Druck in der Kabine eines Flugzeugs entspricht nicht dem auf Meereshöhe, sondern dem auf einem Berg in knapp 2500 Meter Höhe. 

Wer schon einmal in den Bergen Wandern oder Skifahren war, weiß, die ersten Tage sind ganz schön anstrengend. Schnell beginnt man auf der ungewohnten Höhe zu japsen, denn die Luft ist dünner und enthält merklich weniger Sauerstoff als gewohnt. 

Flugreise: so wenig Sauerstoff wie auf einem 2500 Meter hohen Berg

Im Flugzeug ist es ähnlich, nur bewegen sich die Passagiere dort kaum und so fällt ihnen die geringere Sauerstoffsättigung nicht weiter auf. Allenfalls steigt die Müdigkeit. Aber im Körper selbst passieren Vorgänge, von denen sie selbst kaum Notiz nehmen. Beispielsweise steigt die Herzschlagfrequenz deutlich an, die Blutpumpe versucht so mehr Sauerstoff in den Körper zu bringen. 

Der Genuss von Alkohol verstärkt diese Reaktion, vor allem in Verbindung mit Schlaf. Das ist das Ergebnis in der Zeitschrift „Thorax“ veröffentlichte Studie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin unter der Leitung der Ärztin Eva-Maria Elmenhorst. Diese zeigt, dass das Trinken von Alkohol in Kombination mit dem an Bord herrschenden, niedrigen Kabinendruck die Gesundheit von schlafenden Passagieren gefährden kann. 

An der Studie nahmen 48 Personen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren teil, die nach Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Die eine Hälfte hielt sich in einem Schlaflabor mit normalem Umgebungsdruck (Meereshöhe) auf, die andere Hälfte in einer Höhenkammer, in der der Kabinendruck in Reiseflughöhe simuliert.

„Selbst bei jungen und gesunden Menschen erhöht sich die Herzfrequenz“

Die Hälfte jeder Gruppe schlief vier Stunden, ohne Alkohol getrunken zu haben, während die andere Hälfte vier Stunden schlief, nachdem sie Alkohol getrunken hatten. Die Alkoholmenge entsprach etwa zwei Dosen Bier oder zwei Gläsern Wein.

Das Ergebnis: „Selbst bei jungen und gesunden Menschen erhöht sich die Herzfrequenz über einen längeren Zeitraum“, so Eva Elmenhorst. „Größere Alkoholmengen als die, die in der Studie verwendet wurden, könnten diese Effekte noch verstärken, insbesondere bei älteren Passagieren und solchen mit Vorerkrankungen.“

Normalerweise beträgt der Sauerstoffgehalt im Blut eines gesunden Menschen 95 Prozent. Durch die Kombination aus Alkohol und simuliertem Kabinendruck in Reiseflughöhe sank er auf knapp über 85 Prozent. Um das auszugleichen, stieg die Herzfrequenz während des Schlafs auf etwa 88 Schläge/Minute, im Vergleich zu nüchternen Probanden mit 73 Schlägen/Minute. 

Auch auf die Qualität des Schlafes wirkte sich der Alkohol aus. Nüchterne Teilnehmer brauchten etwa 19 Minuten zum Einschlafen, solche die Alkohol konsumiert hatten, 12,5 Minuten. Dafür schliefen letztere unruhiger und wurden häufiger wach. Sie hatte weniger Tiefschlaf- und REM-Schlaf-Phasen und waren insgesamt weniger erholt.

Forscher fordern Aufklärung über die Folgen von Alkohol an Bord

Als Konsequenz ihrer Ergebnisse plädieren die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dafür, Passagiere, Ärztinnen und Ärzte und Airline-Besatzung über mögliche Risiken zu informieren. Darüber hinaus sollte darüber diskutiert werden, ob Passagiere auch künftig Alkohol an Bord von Langstreckenflügen ordern dürfen. Bis dahin muss jeder Passagier selbst entscheiden, ob er oder sie das Risiko eingehen wollen, wenn sie in der Luft zu Bier oder Wein greifen.