Eine Filmerin begleitet Deutschlands Technostars zweieinhalb Jahre lang – privat, im Studio, auf Reisen, bei Konzerten. „FCK 2020“ zeigt, wie Scooter mit der Vollbremsung durch Corona umgehen müssen.
Ein Mann mit wasserstoffblonden Haaren schminkt seineAugenbrauen. Aufgeregte Menschen warten auf ihn und rufen seinenNamen. Er müsse in wenigen Sekunden auf die Bühne – die Show beginnt.Er greift das Mikrofon und ruft mit einer markanten Raucherstimme 80.000 Fans zu: „I hope this shit will be over soon“ (deutsch: „Ichhoffe, diese Scheiße ist bald vorbei“). Es ist H.P. Baxxter,Scooter-Frontmann und für viele Techno-Legende.
Doch H.P. Baxxter und seine Bandkollegen Sebastian Schilde undMichael Simon stehen nicht in einer proppenvollen Arena, sondern ineiner leeren Halle vor ein paar Kameramännern und Tontechnikern. Es ist ein Streaming-Konzert, mitten im Corona-Lockdown. Eine Schlüsselszene der Doku „FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter“, die am Samstag um 23.15 Uhr im NDR Fernsehen läuft.
„Ich dachte, die ganze Doku ist kaputt, weil wir gar nicht mehr auf die Bühne kommen“, sagte H.P. Baxxter der Deutschen Presse-Agentur bei seiner Filmpremiere im Winter 2022/2023 auf dem Hamburger Filmfest. Dabei erzählt „FCK 2020 von der Erfolgsgeschichte der Musikgruppe.
Mit über 30 Millionen verkauften Tonträgern und unzähligenAuszeichnungen gehört die Band zu den erfolgreichsten deutschen Acts.Allerdings galt Scooter mit ihrer oft abschätzig als „Kirmes-Techno“bezeichneten Musik nicht immer als cool. Inzwischen aber hat die Bandmit Songs wie „Hyper, Hyper“ oder „How Much is the Fish?“ einenKultstatus erreicht – sowohl im In- als auch im Ausland.
Begleitet werden Scooter dabei, wie sie trotz Pandemie ihr 20. Albumveröffentlichen und immer wieder Wege finden, um aufzutreten. „DurchCorona brauchten wir auf einmal ein ganz anderes Drehkonzept. Wirwaren eigentlich angetreten, um die Scooter-Tour zu begleiten“, sagteRegisseurin Cordula Kablitz-Post.
Kablitz-Post, die zuvor einen ähnlichen Dokumentarfilm über die Rockband Die Toten Hosen gedreht hatte, wollte einen Blick hinter die Kulissen werfen. Das hat H.P. Baxxter überzeugt, der zuvor jede Home Story abgelehnt habe. „Ich dachte auf Anhieb, cool, das passt. Ich hatte auch gleich so ein Vertrauen, dass das gut wird.“
Im Mittelpunkt des Films steht der Frontmann, der mitbürgerlichem Namen Hans Peter Geerdes heißt und im ostfriesischenLeer (Niedersachsen) aufgewachsen ist. „Die Kameras vergisst manirgendwann völlig“, sagte Geerdes.
Das TV-Publikum erhält einen intimen Einblick in das Leben des Musikers. Gezeigt wird unter anderem, wie er in Hamburg lebt – nach eigenenAngaben wie ein „englischer Landlord“. In der Garage stehen Oldtimer,an den dunkelgrünen Wänden hängen antike Gemälde, die Stühle habengoldene Armlehnen und auf dem Boden liegen Tierfelle. „Es ist so eineArt heile Welt. Wenn die Menschen mal wieder komisch sind, habe ichzu Hause einen Ruhepol.“
Filmemacherin Kablitz-Post war von der Offenheit des Techno-Starsbegeistert. „Es ist etwas ganz Besonderes, wenn dich ein Künstler sonah an sich ranlässt.“ Am Ende der Dreharbeiten hätten sie fast 150Stunden Material gehabt. Gezeigt werden auch Aufnahmen aus Geerdes’Kindheit und Jugend – der junge H.P. Baxxter mit längeren Haaren,auffälligem Schmuck und stark geschminkt.
Doch der Film zeigt nicht nur eine heile Welt. Zu sehen ist unteranderem Geerdes Freundin Lysann, von der er sich nach fünf JahrenBeziehung während der Dreharbeiten trennte. Und auch wenn es Streitin der Band gibt, ist die Kamera dabei. H.P. Baxxter scheint keineinfacher Charakter zu sein – sowohl vor als auch hinter der Kamera.
„Es war manchmal ganz schön anstrengend, zusammenzuarbeiten“, sagteKablitz-Post. Schnell wird deutlich: Der Ostfriese hat klareVorstellungen von seinen Shows. Nach den Auftritten müssenbeispielsweise Tee, Räucherstäbchen, Eis und – ganz wichtig – ein0,3-Liter-Glas bereitstehen.