Seit die britische Popsängerin Charli XCX vor sechs Wochen ihr Album brat veröffentlicht hat, wollen alle im Internet Gören sein. Was steckt hinter dem Hype – und wie kann man selbst zur Brat werden?
Wenn dieser Sommer eine Farbe hätte, dann wäre es neongrün. In den sozialen Medien zumindest färben sich junge Frauen die Haare neongrün, sie tragen neongrüne T-Shirts und posten neongrüne Memes. Dabei hören sie ein Album rauf und runter, dessen Cover genauso neongrün ist wie ihre Social-Media Profile: brat von der britischen Popkünstlerin Charli XCX.
Nach seinem Release vor sechs Wochen erreichte das Album Platz zwei der britischen Albumcharts, wurde von Musikkritikern und Fans gleichermaßen gefeiert. Es ist die sechste Platte der Künstlerin, auf ihr reiht sich ein Hyperpop-Hit an den nächsten. Sie alle handeln von rohen Emotionen, komplizierten Freundschaften, Unsicherheiten. Und: vom Party-Machen und Spaßhaben.
Charli XCX‘ Album ist ein Lifesyle, eine Haltung
Das ist aufrichtig und spricht deshalb eine Menge junger Frauen an – vielleicht mehr als der Empowerment-Feminismus für den Pop die vergangenen Jahre so oft stand. Charlis Fans jedenfalls erklären das Album zu einem Lifestyle, zu einer Haltung: In den sozialen Medien ist offiziell der „Brat Girl Summer“ angebrochen. Auf Deutsch heißt das so viel wie „Sommer der Gören“.
Zu Charlis Hits tanzen die selbst ernannten Brats in Tiktok-Clips, die die Künstlerin auf ihrem Instagram-Account teilt. In anderen Videos filmen sie sich, wie sie grüne Cocktails mixen oder Secondhand-Geschäften grüne Kleidungsstücke sammeln oder das Album-Cover anbeten.
Inzwischen versuchen sogar Unternehmen, den Trend für ihr eigenes Marketing zu verwenden. Flixbus zum Beispiel hat sich zu Nutzen gemacht, dass seine Fahrzeuge schon schleimgrün waren, bevor Charli die Farbe cool gemacht hat. Auf Instagram hat das Unternehmen einen Clip gepostet, in dem sich junge Menschen auf den grünen Bussitzen filmen. Dazu läuft – natürlich – ein Charli XCX Song.
Widerstand gegen Abschmink-Routinen und Pilates-Übungen
Sich selbst als Göre oder Brat zu bezeichnen ist natürlich auch eine widerständige Antwort auf Selbstoptimierungstrends im Internet. Nach Jahren der Abschmink-Routinen, Pilates-Übungen und Tofu-Rezepte ist es diesen Sommer endlich an der Zeit, überflüssige Handtaschen zu kaufen und mit verschmiertem Make-up im Bett zu liegen!
Die Künstlerin selbst hat diesen Trend in einem Interview so beschrieben: „Es kann Luxus sein. Aber es kann auch trashig sein – wie eine Packung Zigaretten, ein Bic-Feuerzeug und ein weißes Trägertop ohne BH. Das ist alles, was man braucht.“
Im Grunde genommen ist das der Barbie-Hype aus dem vergangenen Sommer radikal zu Ende gedacht. Die Barbie, wie sie im gleichnamigen Kinofilm von Greta Gerwig inszeniert ist, will roh und komplex und sie selbst sein, will nicht für Männer leben, will Spaß haben und ernst genommen werden. Eine Brat gibt die Suche nach irgendeiner feministischen Ordnung vollkommen auf, umarmt das Chaos, geht weniger hart mit sich selbst ins Gericht. Stattdessen macht sie Party.
In 20 Schritten zur Brat
Wen das überzeugt, wer dem Brat-Sommer selbst eine Chance geben will, kann diese 20 Schritte verfolgen, um zur Göre zu werden (oder auch nicht, denn Brats machen ohnehin nur das, was sie wollen):
Pack deine alten Kabelkopfhörer wieder ausBenutz die Kabelkopfhörer auch, wenn nur noch eine Seite funktioniertHöre über den funktionierenden Kopfhörer-Stöpsel Brat auf DauerschleifeTrage eine schnelle SonnenbrilleTrage keinen BH und viel LipglossLass dein neues grünes Tanktop eine Woche auf dem Wäscheständer liegen und ziehe es an, ohne es vorher in den Schrank zu räumenKauf dir die gefakte Designer-HandtascheSag die Yogastunde um 7 Uhr morgens abWeine in der U-BahnWeine im ClubGeh danach wieder tanzen und hab die beste Zeit deines LebensOder geh nach Hause, leg dich ins Bett und steh 12 Stunden lang nicht mehr aufTrag denselben Lidstrich zwei Tage langGeh auch mal ohne Sonnenschutz vor die HaustürStreite dich, ohne dich direkt danach zu entschuldigenTrink mit deinen Freundinnen vor (in Jogginghose)Feier, was deine Freundinnen tragen (Jogginghosen)Feier, was deine Freundinnen machen (In Jogginghose tanzen)Feier deine FreundinnenFeier dich selbst